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Brief (Transkript)

Hedwig Lauth an ihren Ehemann am 23.09.1917 (3.2012.1801)

 

Essen, den 23. Sept. 1917.



Lieber Julius.
Die Aussichten auf einen baldigen Frieden werden bei mir schon wieder geringer. Die Reden in Frankreich sind nicht danach angetan um Hoffnungen zu erwecken. Die wollen noch nicht einmal die Papstnote beantworten. Es sieht traurig aus und es ist ein Elend. Heute fehltest Du mir sehr auf meinem Spaziergang mit Erica durch den Kruppschen Park. Erica läßt Dir sagen, daß sie jetzt laut pfeifen kann. Es läßt sich nett mit Erica gehen, sie unterhält mich schon gut. Else schreibt heute von ihr: Was für ein reizendes, feines Mädel ist Eure Älteste geworden. Das Kind hat solch ein nettes, liebes Wesen, ich bin ganz angetan davon. Mir gebührt das Lob, ich habe das Kind so erzogen.
Eben überrascht mich der Urlauber mit dem Paket. Bei dieser Dunkelheit, die hier herrscht, werden sie aber unser Haus nur sehr schwer finden. Ich habe alles gleich nachgewogen und schicke beiliegend das Resultat. Den Zucker konnte ich schlecht nachwiegen, da die Tüte entzwei war, aber ohne Verlust. Die Äpfel vom letzten Male habe ich im Keller liegen u. noch nicht probiert. Einige gedrückte habe ich heute gekocht, die uns lecker geschmeckt haben. Ich glaube dieselben habe ich hier für 50 Pf. Höchstpreis gekauft. Die Bohnen sind fein, die Karotten sind auch gut, wenn man sie hier bekommen könnte, ist hier der Höchstpreis 13-15 Pf. Äpfel will ich morgen probieren, jetzt trinke ich einen Topf voll Grütze. Kannst Du dort noch Gries bekommen u. noch Korn für Kaffee? Auch Leberwurst wäre mir noch sehr erwünscht. Ich habe heute Abend eine Dose geöffnet, sie war sehr gut. -
Die Reisetasche habe ich mit Inhalt gut verschnürt gestern Dir als Eilpaket zurückgeschickt. Wenn die Stärkewäsche zurückkommt, werde ich Dir wohl noch ein Paket schicken. Mutter ist noch nicht hier, nach Marias Schreiben bleibt sie ja erst noch in Koblenz. Ich habe an Mutter und auch an Maria nach Koblenz geschrieben.
Heute Morgen bekam ich die Seide, die mir sehr gut gefällt. Als Du schriebest schwere Taffet, bekam ich es schon mit der Angst, da sich der schlecht verarbeiten läßt u. leicht bricht. Dieser ist weich u. soviel ich darüber weiß, soll das der beste sein. Ich bin froh, daß ich ihn habe und bin sehr zufrieden damit. Hoffentlich wird das Kostüm demnächst gut genäht. Wie ich Dir auf den Umschlag meines letzten Briefes schon schrieb, gibt Stassf. 400 M Ausbeute, die am 20 Sept. fällig ist. Fein, was? Die können wir gut gebrauchen. Deinen Brief mit dem Besitzsteuerzettel habe ich natürlich noch nicht. Daß Oscar auf dem Wege nach Libau ist zu einem Off. Kursus schrieb ich Dir wohl schon. Ich hoffe, daß er mir von da aus etwas schicken kann, ich denke besonders an Fett u. Butter.
Heute stand in der Zeitung, daß nur Säuglinge diesen Winter hier Milch bekommen werden. Es ist traurig. Mit Angst u. Schrecken denke ich an den Winter. Sie sollten doch endlich den Schluß finden.
Dir lieber Julius vielen Dank für Deine Bemühungen. Ich fahre fast jeden Morgen vergeblich mit Frau Vehring zum Weberplatz. Es sind nur Äpfel u. Birnen und halb verfaulte nasse gelbe Wurzeln da.
Die herzlichsten Grüße u. Küsse, Liebster, von
Deiner Hedwig.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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