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Brief (Transkript)

Hedwig Lauth an ihren Ehemann am 07.07.1917 (3.2012.1801)

 

Essen, den 7. Juli 1917.



Mein lieber Julius.
Wir haben eine furchtbar aufregende Nacht hinter uns. Gegen ½ 3 wurde ich durch ein furchtbares Kanonenfeuer geweckt. Es war ein unheimliches Donnern und Geknatter. Sofort kam mir der Gedanke an feindliche Flieger. Ich stürzte ins Eßzimmer u. sah gleich das Feuer der Abwehrkanonen in der Luft und zahlreiche Scheinwerfer. Nachdem ich nun Anna herunterrief, die es für ein Gewitter gehalten hatte, sind wir mit unseren 3 Kindern zu Oelzens gegangen. Ich war wie im Krampf erstarrt und meine Hände u. Arme eiskalt u. gänzlich gefühllos, meine Beine zitterten vor Aufregung. Die Fenster klirrten und man hatte das Gefühl als wenn eine große Anzahl von Fliegern Bomben unausgesetzt Bomben geworfen hätte. Heute morgen höre ich zu meinem Erstaunen, daß nur 3 Flieger hier gewesen sind. 20 sollen in Düsseldorf gewesen sein. Hier sollen sie fast nichts angerichtet haben. Unsere Nerven haben sie aber vollständig zerstört. Ilse hat wohl in folge der aufgeregten Milch den ganzen Tag geweint u. hat heute wegen Milchmangel die erste Flasche bekommen, die man ihr aber nur mit Mühe u. Not eintrichtern kann, da sie sie nicht mag. Erica wollte heute nicht einschlafen, sie sei so bange. Bei dieser mondhellen Nacht werden wir sie wohl wieder erwarten müssen. Wenn sie noch mal kommen fahre ich nach Osn. Ich bin vollständig herunter. Dies Laufen nach Gemüse macht mich ganz kaputt. Trotzdem ich die ganze Nacht nicht geschlafen habe, war ich schon um 8 Uhr auf den Markt. Trotzdem ich bis 12 Uhr blieb habe ich nichts bekommen. Ich war so hoffnungslos, daß ich fast einen Weinkrampf dort bekommen hätte. Wenn du hier wärest u. ich mich aussprechen könnte, wäre alles leichter zu ertragen. Aber diese Stunden möchte ich nie wieder erleben. Meine Sehnsucht von hier fortzukommen wird immer größer.
Dein Paket habe ich erhalten. Vielen herzlichen Dank für alles. Auch Deinen Brief vom 3. Juli. Von dem Briefsiegellack habe ich aber auch schon 10 Stück gekauft. Das andere werde ich noch kaufen. Die Cigarre Tama ist nicht mehr da, hier oben im Konsum haben sie überhaupt nichts mehr, es ist alles wieder gestohlen worden. Daß die große Kiste angekommen ist werde ich Dir doch geschrieben haben, mein Gedächtnis ist seit Ilses Geburt weg, ist mir oft direkt unangenehm.
Konserven könntest Du doch selbst mitbringen. Das Fräulein behalte ich noch, nachdem ich es ihr gesagt habe, ist es besser geworden.
Herzliche Grüße und Küsse Deine Hedwig.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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