Brief (Transkript)
Hedwig Lauth an ihren Ehemann am 24.01.1917 (3.2012.1801)
Essen, den 24. Januar 1917.
Mein lieber Julius.
Eben erhalte ich Deinen Brief vom 21. Leider aber immer noch nicht die beiden Pakete mit den Kartoffeln. Hoffentlich kommen sie überhaupt über. Die Paketpost soll jetzt sehr schlecht funktionieren, nur die eingeschriebenen Pakete sollen eine Ausnahme machen. Kaufe Du nur soviel Vorräte wie Du kannst, besonders auch Wurst. Ich hätte gern wieder welche, denn dann würde ich abends Butterbrot essen. Wenn ich nicht mehr habe, kann ich dem Mädchen keine geben. Man weiß nicht mehr was man essen soll. Durch den Frost und den Schnee können sie kein Gemüse bekommen. Mit jedem Tage werden die Zeiten schlimmer. Meine Nerven wollen sich auch nicht beruhigen.
Ich kann die Kinder oft nicht mehr um mich haben und dabei habe ich auch keine Ruhe dazu mich ins Bett zu legen. Jeden Abend stellen sich jetzt wieder Halsschmerzen ein, die den andern Morgen beim Kaffeetrinken wieder fortgehen. Das sind nur nervöse Zustände. Heute hielt es mich nicht mehr im Hause, ich bin trotz der grimmigen Kälte und des schneidenden Ostwindes ganz zur Stadt gegangen. - Ich freue mich auch wenn Du Deine Steuergeschichten fertig hast. Ich glaube Du machst Dir zuviel Kopfzerbrechen dabei. Kannst Du nicht die 400 M von Karl, dann mein Taschengeld von 40 M monatlich abziehen? Oreos habe ich schon wieder gekauft. - Ich habe mir gedacht, daß wir die harte Wurst, die ich noch habe ganz liegen lassen bis zum Sommer, denn dann wirst Du doch auch keine mehr kaufen können. Solange müßtest Du auch dort die frische essen. Was meinst Du dazu? - Erica erholt sich jetzt allmählich wieder, sie hat wieder etwas von Backen. Deine Briefe will sie immer vorgelesen haben.
Frau Vial soll es sehr schlecht gehen, die Familie hat doch jetzt viel Leid zu tragen.
Laß es Dir Liebster gut gehen. Dich grüßt und küßt
Deine Hedwig.
Ansicht des Briefes
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