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Brief (Transkript)

Hedwig Lauth an ihren Ehemann am 11.09.1917 (3.2012.1801)

 

Essen, den 11. Sept. 1917.



Lieber Julius.
Ich bin mal wieder sehr nervös, unser Ilselein muß sehr darunter leiden. Sie hat ständig Verdauung und stets ganz grün. Heute ist meine Milch plötzlich ganz zurückgegangen. Um 7 Uhr konnte ich ihr nur etwas geben u. um 10 Uhr habe ich ihr die Flaschen geben müssen. Wie das nun weitergeht muß ich abwarten. Man hat aber auch ständig Aufregungen. Jetzt gibt es mal wieder gar kein Gemüse zu kaufen wegen der Höchstpreise. Bei der Stadt ist auch nichts zu haben. Wenn Du kannst, schicke mir durch Urlauber Rotkohl u. Wurzeln, beides möchte ich trocknen, es soll gut schmecken.
Meine von mir bestellten Pflaumen habe ich auch noch nicht bekommen. Ich will die Hoffnung aber noch nicht ganz aufgeben.
Dieser Tage will ich zu Dr. Flöhr gehen, mir Ramogen nochmals verschreiben lassen, und mir etwas geben lassen zum Einreiben meiner Haare. Es fällt mir immer noch ganz furchtbar aus, ich kann es kaum mehr frisieren. Die Friseuse meinte zwar, es käme von der schlechten Ernährung. Ich bin jetzt auch mal wieder ganz hinfällig. Mit den Kindern geht es auch rapide bergab. Ich will deshalb jetzt an den Schinken vom Burschen drangehen. Wir müssen bald Frieden haben. Hast Du auch von dem Gerücht gehört, daß England ein Friedensangebot gemacht haben soll. Ich kann nicht recht daran glauben.
Ich bin jetzt viel mit Frau Schulte zusammen, da die jetzt auch allein ist. Wie ist es mit Mutter, will sie wirklich die Operation machen lassen? Ich würde doch dazu raten, es bis zum Frieden aufzuschieben, da sie sich nachher zu schlecht erholen kann. Die Ernährung ist zu schlecht. Ich fühle mich zu kraftlos um zum Zahnarzt zu gehen, trotzdem es allerhöchste Zeit wird, da meine vorderen Zähne angegangen sind.
Margret hat inzwischen den Brief so zugerichtet, sie war nicht wegzukriegen. Ganz vorwurfsvoll kommt bei ihr immer heraus, daß ihr Vater nicht wiederkommen will. Bei ihr heißt es immer ganz stolz mein Vater, der aber nicht Erica mit gehören darf.
Das Buch habe ich noch nicht angefangen, ich habe noch keine Ruhe dazu. Wie hat es Dir gefallen? Morgen werde ich wohl endlich wieder einen Brief von Dir haben. Der letzte war durch den Urlauber. Oelze ist heute von einer (Hamster!) Tour wiedergekommen. Viel Sack u. Pack wurde ins Haus gebracht. Frau Oelze ist in Fallersleben.
Wegen Koks habe ich telefoniert, ich werde nur welchen bekommen können, wenn ich ein Fuhrwerk stellen kann. ich will Dossmann o. Vehring bitten, die eins an der Hand haben. Beide haben es mir angeboten. Wann muß ich Steuern bezahlen?
Die herzlichsten Grüße u. Küsse von
Deiner Hedwig.

Vater will garnicht wiederkommen. Küßchen Margret

 

 



Ansicht des Briefes

 

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