Brief (Transkript)
Julius Lauth an seine Ehefrau am 27.09.1914 (3.2012.1801)
Wesel, den 27. Sept. 1914
Liebe Hedwig!
Heute nachmittag habe ich mir mal mit einem Fußartillerieoffizier die Feldbefestigungen jenseits des Rheins angesehen. Jetzt sitze ich zu Hause, um Deinen lieben Brief, den ich gestern abend erhielt, zu beantworten. Heute abend bin ich bei dem aktiven Kollegen eingeladen. Man freut sich jedesmal, wenn wieder ein Sonntag herum ist. Die Stadt wimmelt dann nur so von auswärtigem Volk, das zu Fuß, im Auto, Wagen, Rad hereinströmt wohl auch angezogen von dem Gefangenenlager in Friedrichsfeld. Vor einigen Tagen traf ich zufällig L. R. Dröker hier, der auch im Auto gekommen war. Er erzählte, daß Staatsanwalt Meyer gefallen sei, Plesser habe das eiserne Kreuz erhalten. Als einer der ersten von den Essener Kollegen fiel Assesor Brölemann.
Gestern nachmittag war ich einige Stunden am Bahnhof. Erst wurden 600 von dem Ers. Bat. Res. 39 u. 57 abtransportiert, dann eine Landsturmpionier Kompanie, mit deren Hauptmann wir viel zusammen waren. Man hat eigenartige Gefühle, wenn der Zug abfährt unter den Klängen der Musik
Ob es mir auch noch so geht, daß ich als Offizier eingezogen werde?
Gestern abend fuhr noch ein Ersatz. Landwehrregiment ab, vermutlich nach Metz. Wenn nur die große Schlacht in Frankreich bald entscheidend für uns gewonnen wird. Gott gebe es. Die Spannung und Erwartung, in der man ständig lebt, ist doch groß. -
Du magst recht haben mit der Weste. Aber eine wollene Weste ist zu dick. Der Uniformrock allein ist zu kalt. Ich dachte, wenn Du Strümpfe strickst, um Beschäftigung zu haben, könntest Du mir die seidene Weste nähen. Einstweilen habe ich sie ja wohl nicht nötig. Im Notfall werde ich sie hier wohl kaufen können, ebenso Strümpfe und Leibwärmer
Laß Du nur das Strümpfestricken, das liegt Dir doch nicht. -
Mutter habe ich geschrieben. Sie schrieb, daß sie gar nichts hörte von ihrem neuen Mieter. Es wäre nicht angenehm, wenn der nicht einzöge. Sie schrieb auch, daß ein Vetter aus Bons[?] Vizefeldwebel, einen Schuß in die Schulter erhalten habe. Wo man hinhört, lauter Verluste. Der Krieg ist doch schrecklich. Gebe Gott, daß er bald siegreich beendet wird.
Dir und Erika alles Gute, meine Gedanken sind stets bei Euch
Dein Julius.
Ansicht des Briefes
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