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Brief (Transkript)

Julius Lauth an seine Ehefrau am 16.06.1915 (3.2012.1801)

 

Tongern, den 16. Juni 1915



Meine liebe Hedwig!
Wenn Du mal nachdenkst und nachliest, was ich Dir vor einiger Zeit schrieb; alles ist jetzt so gekommen, wie ich es schon länger ahnte. Gestern gegen Abend kam der telephonische Befehl, alle Offiziere, Feldwebelleutnants u. Stellvertreter sollten noch am selben Abend auf Felddienstfähigkeit untersucht werden. Wir wurden also um 9 Uhr untersucht, u. zwar von dem Stabsarzt des Naumburger Bataillons – die in St. Trond von unserem Arzt. Der Arzt hat mich für felddienstfähig erklärt. Auf mein Ischiasleiden legte er wenig Wert. Dr. St. hätte vielleicht anders geurteilt, Hofacker, Reniecke u. Ubermann[?] sind nicht felddienstfähig. Nun kann es jeden Augenblick losgehen. Von den Naumburgern sind in den letzten Wochen bereits 9 Offiziere zur Front kommandiert, Westen u. Galizien. Sowas geht sehr eilig, meist telegraphisch. Ich mache mich auf alles gefaßt. Sollte ich nach dem Osten kommen, so werde ich vielleicht versuchen, Dich in Bielefeld zu treffen, wenn ich Dir vorher noch rechtzeitig telegraphieren kann. Diesen Brief nimmt mein Bursche mit, der heute in Urlaub fährt. Ich denke er kommt dann einen Tag schneller. Ebenso soll er ein Packet mitnehmen und Dir nach Dissen schicken. -
Deine[?] 1 Hose Wäsche u. Deine Briefe
Du kannst Dir denken, wie ich die Nacht geschlafen habe. Der Stabsarzt sagte zwar nichts, ich habe es aber gestern abend noch erfahren. In dieser Stimmung erhalte ich heute morgen Deinen lieben Brief vom 13./14. Ich bin gerührt über Erika. Aber das Herz wird mir schwer, wenn ich an Dich und die Kinder denke. Wie lange Du dort bleiben willst, überlasse ich Dir. Vor dem ersten kann ich Dir kein Geld schicken. Ev. mußt Du die Bank in Anspruch nehmen. Sonst weißt Du ja über alles Bescheid. Die Steels verkaufe nicht unter 70, behalte sie möglichst noch länger. An der Caro
sie sind zu 82 gekauft
werden wir wohl verdienen. Mutter bekommt von mir 3100 M, 4 ½ % Zinsen, das macht am 1. April u. 1. Okt. je 70 M. Du müßtest die Bank noch vor dem 1. Juli bitten, am 1. Juli der Westdeutschen [...]- und Barbank 337,50 M zu überweisen. Von dem Bankausweis vom 1. Juli teile mir nur die Endsummen, sowie den Betrag der Zinsen u. Provision mit (links die letzten 3 Zeilen)
Schreibe nur gleich an Mutter. -
Daß ich sehr bald abkommandiert werde, ist bei den vielen Anforderungen von Offizieren zweifellos. Ob ich die Anstrengungen durchhalten werde, weiß ich nicht. Jedenfalls ist jetzt nichts zu machen. Man tut, was befohlen wird. Wir können nur hoffen u. immer wieder beten, daß Gott mir eine glückliche Heimkehr schenken möge und daß wir bald wieder glücklich vereint sein mögen. Diese Hoffnung wollen wir nicht aufgeben. Im übrigen weiß ich ja, daß Du die Kinder in meinem Sinne erziehen wirst. Hoffentlich habe ich später noch Freude an ihnen. - Nun, meine liebe, liebe Frau, lebe wohl. Ich küsse Dich und die Kinder innig und umarme Dich in inniger Liebe.
Stets Dein Julius.
Ich werde hier jeden Tag schreiben.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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