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Brief (Transkript)

Karl Nünnighoff an seine Eltern am 30.10.1942 (3.2008.1388)

 

Rußland, den 30.10.42


Nr. 6

Liebe Eltern, Willi und Lene!

Heute komme ich endlich mal wieder dazu, Euch einige Zeilen zu schreiben. Vorgestern machte ich ein Päckchen mit zwei Filmen und eins mit B.Kaffee fertig, die ich beide zusammen gebunden habe, ich wünsche guten Empfang. Nun will ich Euch mal schreiben, wo ich stecke. Also, seit vier Tagen sind wir wieder im dunkelsten Winkel bei Stalingrad. Gleich vor der Stadt in unserem Dorf Olowka liegen wir und warten auf die Übernahme der Batterie, im Einsatz sind wir nicht, aber knallen tuts hier auch noch, die letzte Nacht war unbeschreiblich. Die Flieger haben uns kaum ein Auge zu machen lassen, aber getroffen haben sie nichts von Bedeutung. Stalingrad an und für sich ist in deutscher Hand, nur ein Fabrikgelände und ein Dorf am Rande der Stadt wird immer noch zäh und verbissen verteidigt. Die Stalinorgel spielt den ganzen Tag und auch des nachts, aber auch unsere Orgel spielt Tag für Tag ihre Lieder. Einige Kameraden unserer alten Batterie habe ich schon begrüßen können. Die Batterie liegt etwa 3 km von hier in Stellung. Denkt Euch, unser Harry ist auch gefallen und ein Mann von meinem Geschütz. Am 3.9. verabschiedete ich mich von ihm mit dem Wunsch auf alles Gute und viel Glück. Am 12.9. glaube ich, schickte ich ihm das Kistchen Zigarren und am 9.9. war er schon gefallen, hat er also das Päckchen garnicht mehr bekommen. Der Kampf um die letzten Häuserwinkel dauert noch in unvermindertem Maße an. Die Zivilbevölkerung hat die Häuser räumen müssen und wir haben sie uns zur gemütlichen Heimat gemacht. Wir schlafen mit zwanzig Mann in einem Haus. Hoffentlich lassen uns bzw. mich die „Bienen“ [?] in Ruhe, mir gruselt es schon wieder, wenn ich nur dran denke. Sonst wüßte ich für heute nichts Neues zu berichten. Mir geht es gut, dasselbe hoffe ich auch von Euch. Seid nun alle von ganzem Herzen gegrüßt von Eurem Sohn Karl. Gruß an die Holz und […]straße.
Auf Wiedersehen!

 

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