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Brief (Transkript)

Karl Nünnighoff an seine Eltern am 18.9.1941 (3.2008.1388)

 

Rußland, den 18.9.41.



Liebe Eltern!

Gestern erhielt ich wieder vier Musterbeutelchen mit Zwieback und Pfefferminz von Euch, ich sage Euch hiermit meinen besten Dank. Der Zwieback schmeckt mir immer ausgezeichnet. Jetzt kommen noch einmal einige Tage, wo ich Euch nicht so lange Briefe schreiben kann als vorige Tage, als wir noch in Ruhestellung lagen. Die Zeit ist jetzt nicht so dafür da. Hoffentlich kommt bald die Zeit, wo ich Euch alles persönlich schildern kann. Unser Vormarsch ist im Augenblick wieder ganz groß. Die Zahl der Gefangenen und Beutestücke nimmt kein Ende. Heute Morgen zog ein Zug Gefangener an uns vorbei, fast eine halbe Stunde dauerte es, ehe alle an uns vorüber marschiert waren. Bei dieser unendlichen Reihe waren höchstens zehn deutsche Soldaten, die als Begleitkommando mitgingen. Was man da nicht alles für Gesichter und Karikaturen sah, spottet jeder Beschreibung. Man sollte annehmen, daß es doch bald getan ist, hoffen wir das Beste. Daß ich jetzt wieder bei der alten Batterie bin, hatte ich Euch ja schon mitgeteilt. Gleich drei Tage später hatte ich schon wieder einen Wagen, diesesmal aber einen L.K.W. und zwar einen Russenschlitten, da ist das Ende von weg, aber das will ich Euch dann auch alles später erzählen, da lacht Ihr Euch schief, der läuft wie ein Trecker, Marke Bulldog. Gleichzeitig mit den vier Beutelchen Nr. 5, 6, 7 und 8 erhielt ich auch einen Brief von Helmut, allerdings nicht von der Front, sondern aus der Heimat, den hatte er mir geschrieben, als er auf Urlaub war. Ich habe mich sehr gefreut, endlich einmal von meinem besten Freund auch mal wieder was zu hören. Er schrieb, daß er in den acht Tagen die er zu Hause war, alles das nachgeholt hätte, worauf er 10 Monate hätte verzichten müssen, das kann ich ihm schon gut glauben. Er schrieb weiter, daß ein Kameradschaftsabend vom Laboratorium der Hütte zu seinen Ehren hätte statt gefunden, aber sonst in Mühlheim weiter nichts los sei. Das kann ja auch nicht gut, wir fehlen doch, wir sind doch die jenigen, die immer was losgemacht haben. Er schreibt auch, daß er bei Euch war, und dabei ganz vergessen hätte, daß Krieg sei. Vor einigen Tagen, als wir noch in Ruhestellung lagen, hatte ich ihm schon einen Brief geschrieben, bin nur mal gespannt, was er mir darauf antwortet. Ich denke mir immer, schön wäre es, wenn er und ich zu Weihnachten auf Urlaub kämen, denn solange er Soldat ist, haben wir uns doch nicht mehr gesehen. Na wollen abwarten, was die Zeit uns bringt. Nun möchte ich für Heute wieder zum Schluß kommen indem ich Euch allen alles Gute und volle Gesundheit wünsche. Von mir selbst kann ich auch noch von Gesundheit sprechen. Wie ist es dort mit dem Wetter? Hier ist es schon jeden Tag ganz schön kalt, der Wind pfeift einem um die Ohren, daß es nur so kracht. Vielem Grüße von hier sendet Euch Karl

Schickt bitte Briefumschläge, Seid bitte nicht böse daß ich so spät schreibe, es ging wirklich nicht anders

 

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