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Brief (Transkript)

Karl Nünnighoff an seine Eltern am 26.7.1941 (3.2008.1388)

 

Rußland, den 26.7. 41



Liebe Eltern!

Gestern erhielt ich wieder mal zwei Paketchen von Euch und zwar Nr. fünf und sechs. Damit habe ich nun fünf Paketchen dankend erhalten, das vierte muß wohl noch unterwegs sein, aber es soll wohl noch kommen, wenn man es nicht geklaut hat. Dann müßte ich also regulär noch sechs Paketchen bekommen, na wollen mal abwarten. Ich danke auch schön, daß Ihr mir alles so prompt besorgt hat, habe mich wirklich gefreut. Der ganze Inhalt ist heil und gut angekommen, sogar der Speck war noch tadellos in Ordnung. Eins möchte ich aber gleich sagen, ich möchte nicht, daß Ihr von Eurem bischen Fett und Fleisch daß Ihr zugeteilt bekommt mir auch noch was davon schickt und Ihr dann noch hungern müßt. Fleisch bekomme ich ja hier genug, das einzige was fehlt, ist Brot. Ich erhalte jeden Tag nur ein halbes Kommißbrot und oft noch weniger, das ist so ungefähr ein Pfund und damit komme ich niemals aus. Ihr wißt ja, daß ich es gewohnt war, wenn ich Hunger hatte, zu essen und grade jetzt habe ich immer so einen Mordshunger, deshalb sehe ich auch zu, daß ich Mittagessen zweimal bekomme, wenn es nur eben geht. Oft glückt es mir ja, manchmal aber auch nicht, dann muß ich wieder an mein Brot gehen und davon wird es bestimmt nicht mehr. Sonst ist das Essen im Allgemeinen gut, nur ich bekomme oft nicht so viel, daß ich satt werde. Jetzt lerne ich das mal alles erst schätzen, was ich zu Hause alles hätte essen können. Oft denke ich, wenn es Abend wird, jetzt müßtest Du zu Hause sein, am Tisch sitzen und vor dir eine Schüssel mit Bratkartoffeln, oder einen Topf mit dicken Reis und Zimt und Zucker, oder eine Tasse Kaffee mit Brötchen mit Gehacktem, oder dergleichen mehr, dann läuft mir oft das Wasser im Munde zusammen. Na ja, gebe Gott daß wenn ich mal auf Urlaub komme, ich all sowas leckeres wieder kosten kann. Bei meiner alten Batterie kam das gar nicht vor, daß ich einmal nach dem Mittagessen oder so noch Hunger gehabt hätte, deshalb bin ich froh wenn ich wieder zu unserer Batterie zurückkomme. Wenn der Kram hier in Rußland zu Ende ist, komme ich sowieso von selber wieder zurück zu meinen alten Kameraden, die mit mir die erste große Reise nach Bulgarien gemacht haben. Jedesmal wenn wir uns so treffen und unterhalten uns miteinander, sind wir immer froh wenn wir uns mal wieder gesehen haben. Dann gibt es immer ein kräftiges Händeschütteln und wir freuen uns, daß wir dabei sein dürfen. Wenn hier der Krieg siegreich für uns ausgegangen ist und wir kommen glücklich und heil wieder nach Hause, dann können wir den zweiten Geburtstag feiern und Gott danken. Nun möchte ich schließen. Schickt mir doch bitte in dem nächsten Brief ein paar Rasierklingen. Es grüßt Euch herzlich Karl.
Viele Grüße an alle anderen

 

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