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Brief (Transkript)

Kamerad an Karl Nünnighoff am 4.7.1942 (3.2008.1388)

 

Hatte grade Deinen Brief angefangen, da hatten wir Alarm. Es hat aber noch mal gut gegangen.

Kirilowka, 4.7.42



Mein lieber Karl

Gestern am 3.7.42 kam Dein Brief u. Päckchen mit Rauchware u. Feldpostkarte hier an. Kannst Dir wohl vorstellen, daß Du mich angenehm überrascht hast. Ich kam ja im ersten Augenblick aus dem Staunen nicht raus, als ich Deine Post erhielt. Schau – ich hole nämlich selbst die Post in Melitopol für unsere Männer. Natürlich wird dann an Ort u. Stelle sofort nachgesehen, ob für Papa nichts dabei ist. Lese da auf einmal als Absender „Karl Nünnighoff“, u. war erstaunt, wie Du an meine Adr. kommen konntest. Karl Du bist ja ein Prachtkerl geworden. Habe mich ja riesig über Dein Bild gefreut. Ja – solche Soldaten braucht unser Führer, groß u. stark. Du hast Dich ja wirklich sehr verändert in der Zeit, wo ich Dich zuletzt gesehen habe bis jetzt. Kerniger bist Du geworden. Ja Karl – vor zwanzig Jahren hätte ich nicht geglaubt, daß wir mal zusammen an der Front als Soldaten stehen würden. Es ist auf eine Art traurig für Euch junge Menschen soviel durchmachen zu müssen, aber auf die andere Art werdet Ihr durch die harte Schule ganze Kerls u. kommt so später viel besser durchs Leben. Schau – Dein Papa hat ebenfalls als junger Mann dasselbe mit durchmachen müssen u. hat es dann auch mit Leichtigkeit zu etwas gebracht. Er hat mir damals als ich bei Euch war viel vom Krieg erzählt, ich kann mich an manche Sache noch gut erinnern. Ja und jetzt geht es seinem lieben Sohn genau so wie ihm. Eins wünsche ich Dir nun von ganzem Herzen Karl, daß Du genau wie Dein Vater damals, daß Soldatenglück hast u. gesund an Leib u. Seele u. auch an Knochen wie wir Lanser so sagen, wieder nach Hause darfst. Dieses wünsche ich Deinen Eltern. Ich habe in diesem Krieg auch schon viel durchmachen müssen. Ich war damals in Polen, kam dann nach Frankreich u. heute stehe ich in Rußland. Die Fronten habe ich so ziemlich alle durch. Ja – u. Glück habe ich bis heute auch immer gehabt. Schon manche Kugel u. Bombensplitter ist mir schon um die Ohren geflogen, aber nichts hat mich getroffen. Hoffentlich bleibt auch bei mir das Soldatenglück u. darf nach diesem Krieg wieder gesund heim. Karl – heute habe ich schon 16 Jahre u. 4 Monate den grünen Rock unserer Wehrmacht an. Gell – es ist schon lang her, als ich von Deinen Eltern damals weg ging, die Jahre vergehen ja so schnell u. im nu ist man Opa und ein alter Mann. Karl – ich liege jetzt nicht mehr in Mariupol, ich war dort ungefähr 2 Monate. Liege jetzt in Kirilowka, das liegt südlich von Melitopol unmittelbar am Asowschen Meer am Eingang von der Krim bei Genitschesk. Vielleicht findest Du es auf der Karte. Wir sind hier zu Partisanenbekämpfung als Polizei eingesetzt u. bewachen gleichzeitig die Küste. Ich persönlich fahre einen 8 Zylinder Ford u. liege fast den ganzen Tag auf der Landstraße. Müssen nämlich die ganzen Ortschaften säubern. Kann Dir sagen, bei uns ist etwas los. Wir haben dauernd den Feind im Rücken. Spaß macht aber unsere Aufgabe im Osten. Wo liegt eigentlich Chrazisk u. Makejewka, bei welcher größeren Stadt? Schreibst es mir mal bei Gelegenheit – gell!! Ja Karl – auch ich würde mich mal riesig freuen wenn wir uns zufällig mal anständig die Hände drücken u. uns wiedersehen könnten in Feindesland. Die Möglichkeit besteht, den ich komme viel herum hier. Von Deinen Eltern habe ich vor einiger Zeit auch einen Brief erhalten, es geht ihnen noch sehr gut u. alles ist noch wohlauf. Der Kummer von ihnen bist selbstverständlich Du, aber ich drück den Daumen für Dich. Sonst lieber Karl geht es mir noch immer recht gut u. mein Humor habe ich bis heute noch nicht verloren. Karl – ich hatte schon ein paar Tage nichts mehr zu rauchen u. so kam Dein Päckchen wie gerufen. Also nochmal meinen allerherzlichsten Dank dafür.
Wir haben die Feldpostn. 13443, daher hat Dein Brief solange gebraucht bis er bei mir war. Schreib mal wieder Karl. Wenn Du nach Hause schreibst, dann Grüße mir auch Deine Eltern recht herzl. von mir und auch Familie Becker in Broich. Für heute sei nun tausendmal herzlichst gegrüßt von Deinem Kameraden Paul Böttcher.

 

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