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Brief (Transkript)

Karl Nünnighoff an seine Eltern am 16.6.1942 (3.2008.1388)

 

Rußland, den 16.6.42


Nr. 69

Liebe Eltern, Willi und Lene!

Heute abend habe ich gerade mal wieder Zeit u. Gelegenheit zu schreiben und da möchte ich Euch eben schnell noch die restliche Post beantworten.
Wie ich sehe, habt ihr lachen müssen, als Ihr meinen Brief mit der Nachricht, daß ich Gutsherr geworden bin, erhieltet und nun möchtet Ihr gerne wissen, wie ich zu diesem Posten gekommen bin, das will ich Euch eben schnell erzählen. Als ich vor einigen Wochen nach vorn kam, war dort die größte Schlacht schon geschlagen und 14 Tage darauf wurde unsere Batterie dann abgelöst. Unser Hauptwachtmeister, der immer sehr fürsorglich für die Batterie ist, hatte auch dort gleicht erfaßt, was kommen würde und so hat er einige Leute fort geschickt, die Schlachtvieh und Hühner besorgen sollten und sie brachten dann auch aus den nächsten Ortschaften 2 Kühe, 1 Ochse, 30 Hühner und 1 Hahn mit her, die dann einer verwalten und pflegen mußte. Ich muß Euch sagen, derjenige hat nicht schlecht gelebt in der Zeit und ich lebe jetzt nicht minder, das könnt Ihr glauben. Als nun der Befehl zum Abmarsch kam, blieb ich mit einem Unteroffz., einem Gefreiten und dem Verwalter als Nachkommando dort noch 3 Tage und dann zogen wir mit dem Viehzeug der Batterie nach, bis Artemowsk. Bis dort hin waren es etwa 25 km, die ich dann zu Fuß mit den 3 Tieren am Strick getippelt bin, ich kann Euch sagen, ich war froh, als ich dort war. Als sich die Batterie dann nach 3 Tagen in die eigentliche Ruhestellung begab wo wir jetzt sind, im Ort „Schangschengkowo“ [?] blieben wir wieder als Nachkommando dort, um nachher mit den zurückgebliebenen Sachen mit einem L.K.W. nachgeholt zu werden. Dort in Artemowsk bekam dann der Verwalter eine Blutvergiftung an den Händen und blieb somit im dortigen Lazarett. Als wir nun hier ankamen, hat dann unser Spieß mich gleich mit der Verwaltung und Pflege das Viehzeugs beauftragt mit den Worten: „ Sie sind doch auch vom Land, was?“ Ich fand im Augenblick keine bessere Antwort als: „ Jawohl, Herr Hauptwachtmeister“ und so habe ich den Posten behalten bis heute. Inzwischen haben wir mal eine Milchkuh gegen einen fetten Ochsen getauscht, nun habe ich noch eine Kuh, die gibt jeden morgen und jeden Abend 7 -8 Ltr. Milch, es macht mir Spaß, obwohl ich nebenbei noch meinen Dienst versehen muß. So nun wißt Ihr das auch. Also mit Eurer Schweinemästerei hat es nichts gegeben, das ist ja schade. Daß Ihr der Ortsgruppe meine neue Nummer gemeldet habt ist nett von Euch, der „Gruß der Heimat“ ist ja schon lange ausgeblieben, im Februar erhielt ich das letzte Heft, weiß der Kuckuck wie das kommt. Was der General neulich bei uns wollte, könnt Ihr Euch wohl denken, tröstende Worte hat er uns „zugeflüstert“. Von Helmut habe ich auch wieder Post erhalten. Ihr fragt ob er wieder auf See wäre, er schrieb mir „an Bord den“. Wenn Fritz Nilgens auch jetzt hier in Rußland ist, treffe ich ihn sicher auch eines Tages mal, aber wer weiß? Ich sehe, daß ab und zu einige Freunde von mir von der Front in Urlaub kommen, macht Euch nur keine Gedanken, habt Geduld, ich hab sie auch, vielleicht komme ich eines Tages mal ganz unverhofft und plötzlich dann ist die Freude doppelt groß und aller Schmerz und alles Warten vergessen. Doch nun Schluß für heut, vielleicht schreibe ich morgen wieder, ich muß jetzt die Luftpost noch beantworten. Ich bin noch gesund und munter hoffentlich auch Ihr. Seid für heute alle recht herzlich gegrüßt von Eurem Sohn Karl. Gute Nacht auf Wiedersehen.

 

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