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Brief (Transkript)

Hans-Joachim S. an seine Frau am 26.03.1942 (3.2002.1214)

 

42. Brief

O.U., den 26. III 42



Mein geliebtes kleines E.!

Es ist zwar erst Mittag, es gab eine gute grüne Erbsensuppe, aber trotzdem bin ich hundemüde. Seit Montag ruht die ganze Last an Arbeit auf mir. Jetzt wäre so der richtige Moment, ein halbes Stündchen auf die Couch zu fliehen, und „wirklich zu schlafen“. Alle Überredungskünste könnten da wohl nichts helfen – Vati würde schlafen. Diese Müdigkeit kommt wohl auch durch den mit Macht anbrausenden Frühling. Seit 2 Tagen herrscht nun Tauwetter und schon kannst Du kaum durch den Mist u. Dreck durchfahren. Die nächsten 4 Wochen werden uns auch in dieser Hinsicht manche Schwierigkeiten bereiten. Den schweren Kriegswinter in russischem Land haben wir also glücklich überstanden. Jetzt wird die Zeit der eisernen Vorbereitungen beginnen – und wieder werden uns die riesigen Entfernungen Russlands manchen Schweißtropfen kosten. Was wird nun werden? Wird der Russe bei seinen erbitterten winterlichen Angriffen seine letzte Widerstandskraft verloren haben? Wird nun im Sommer im Osten die Entscheidung fallen, die man bereits im Herbst voraussah? Wird England durch die Verluste im fernen Osten so geschwächt sein, das es auch endlich sturmreif ist? Gerne will ich noch 1 Jahr als Soldat meine Pflicht tun, in der Hoffnung, dann aber wieder gesund und munter zurück, zu Euch meine Lieben, kommen zu können. Hoffentlich werden wir uns eine solch‘ starke Stellung in der Welt erkämpft haben, dass unser Junge wirklich einmal ein Leben ohne Krieg haben wird. Furchtbar muss es für Eltern sein, ihr einziges Kind in einem solchen Krieg zu wissen. Unserem kleinen Klaus möchte ich gerne solche Strapazen und Entbehrungen ersparen. Vielleicht steht uns wirklich mal eine Generation ohne Krieg bevor. Auch Wolfgangs wegen bin ich froh, dass er sich so mit den militärischen Dingen abgefunden hat. Schade, dass nun sein Studium darunter leidet. Sicherlich wird er aber später andere Vorteile dadurch haben! Mein liebes Kleines, nun schaltest und waltest Du als tüchtige Hausfrau und Mutter bereits fast 2 Jahre allein, ohne Manni. Klaus ist schon doppelt so alt an Jahren geworden! Viel habe ich von seinem Ranwachsen nicht gehabt – umso mehr musst Du mir schreiben und später erzählen. Ein Glück aber, dass wir diesen Bengel überhaupt schon haben – ja wenn der Vati nicht gewesen wäre, der sooo resolut war! Ihr habt es ja auch jetzt nicht leicht – wieder sind die Rationen gekürzt worden – wo soll das noch hin, wenn noch ein Winter Krieg sein wird. Da wankt schließlich die mit ungeheurer Propaganda hochgezüchtete Moral! Wenn wir zwar an der Front immer gutes Essen und gute Verpflegung haben, so möchten wir aber auch wissen, dass unsere Lieben in der Heimat keinen Hunger leiden. Bei den jetzt eingeführten Quanten sehe ich schwarz. Wie herrlich lebte es sich noch vor einem Jahr in Frankreich! Das Land der edelsten kulinarischen Genüsse! Und wie unzufrieden waren wir damals – wie gerne möchte wir alle dort noch einmal hin! Wer weiß, obs nicht eines Tages nochmals zum Westen geht?
Mein Kleines, für heute wieder genug! Küsse mir innig und fest meinen kleinen Klaus, erzähle ihm recht viel von seinem Vati.
Du, ich habe Dich immer so lieb, das kann ich Dir gar nicht schreiben, das möchte ich Dich fühlen lassen!
Dein Manile

 

 



Ansicht des Briefes

 

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