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Brief (Transkript)

Hans-Joachim S. an seine Frau am 21.04.1942 (3.2002.1214)

 

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O.U., den 21. 4. 42



Mein kleines liebes Herzel!

Ganz still ist es im Hause, Helm. u. Paul schlafen schon, im Casino sitzt man noch zusammen und spielt Karten. Wir wechseln uns immer mit dem Spätdienst ab. Dafür kann der Spätdiensttuende am nächsten Tage eine ? Stunde länger schlafen. So ist bei uns alles kameradschaftlich eingeteilt. Noch immer ist die Entscheidung wegen Helm. noch nicht gefallen. Hoffentlich wird er bleiben können. Heute war wieder herrlichstes Frühjahrswetter. In aller Frühe begann ich mit der Generalreinigung meines Wagens. Der Morast klebt derartig dran, dass ich ihn mittels Hammer und anderer Werkzeuge abschlagen muss. Mehrere Tage werde ich noch zu tun haben, bevor er wieder im alten Glanz erstanden ist. Aber diese Arbeit macht mir noch am meisten Freude. Gottlob habe ich im Hause kaum noch etwas zu tun. Tamara, die Perle, hat sich so eingearbeitet, dass ich überhaupt nichts mehr sagen brauche, und auch nichts mehr zu kritisieren habe. Das will bestimmt viel heißen, denn ich finde doch meistens immer noch ein Haar in der Suppe. Sogar das Abwaschen hat sie kapiert! Ich möchte nun endlich mal wissen, wann dieser ganze Mist aus sein wird. Soll man wirklich nicht mehr zu seinen Lieben heim dürfen? Ich lese augenblicklich mit Interesse den Roman in der Berl. Ill.. Dieses zärtliche Liebesleben der beiden Hauptfiguren kann einen zum Wahnsinn bringen. Mein Kleines, Liebes, wie gerne möchte ich so ganz still bei Dir im Bettchen liegen, Dich ganz zart streicheln, ganz zart, Dir einen lieben Kuss geben und noch viele mehr. Dann würden wir im Dunkeln Pläne schmieden, vielleicht für den Sommer, würden von Klaus sprechen und uns überlegen warum Klaus kein Schwesterchen oder Brüderchen haben sollte. Oder aber wir würden es uns erst gar nicht überlegen, sondern würden furchtbar glücklich einige Stunden innig vereint verbringen und im seligen Rausch einschlafen. Aber nichts ist mehr. Alles ist aus und wird für lange Zeit nicht mehr kommen. Man kann sich ein Kriegsende überhaupt nicht vorstellen. Du lebst mit dem Jungen Dein Leben, ich lebe mit meinen Kameraden ein anderes Leben. Der Russland-Krieg ist zu gewaltig, zu einmalig in all‘ seinen Erlebnissen, so dass man sich schwer in heimatliche Gedanken vertiefen kann. Dieser schwere Winter, mit den ununterbrochenen Angriffen der Russen, der furchtbaren Kälte u. Strapazen ist aber nun vorbei, das Hoffen beginnt, nicht nur auf einen Vormarsch, sondern auf eine baldige Heimkehr. Wir alle wollen heim, zu Euch, Ihr Lieben.
In tiefer Nacht, beim Schein einer Ölfunzel, (das Licht brennt nur bis 22 Uhr)
denkt an Euch

Euer Vati

 

 



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