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Brief (Transkript)

Hans-Joachim S. an seine Frau am 05.07.1941 (3.2002.1214)

 

den 5./7. 41



Mein liebes gutes E.!

Welche riesige Überraschung, als ich bereits heute Deine lieben 2 Briefe vom 29. und 30. 6. erhielt. Nachdem Dein letzter Brief vom 20. 6. auch gestern erst, also nach 14 Tagen, angekommen war, rechnete ich noch mit keiner weiteren Nachricht. Ich kann mir vorstellen, dass unser Einmarsch in Russland wie eine Bombe auf beide Seiten gewirkt haben muss. Ich bin überglücklich, dass ich endlich richtig dabei bin, wenn auch die Anstrengungen ungeheuer sind. Es ist unbeschreiblich, was für Anforderungen bei solch einem gigantischen Vormarsch an die Truppe gestellt werden. Wir Fahrer haben es wirklich auch nicht leicht. Bis zu 30 Std. am Steuer, andere Kameraden bis zu 50 Std. Augenblicklich hinke ich der Truppe hinterher. 2 Tage suchte ich Anschluss. Der Panhard ist eben für Russland nicht gebaut worden. Doch ist er noch einmal vom Chausseegraben errettet worden. Was wird aber die nächste Etappe bringen, die uns 200 km weiter nach vorn bringt. Wir wurden in Grodno – Wilna länger aufgehalten, da sehr viel Leitungen in Ordnung zu bringen waren. Morgen eilen wir nach. Du wirst ja auch in der Wochenschau schon die mit Sowjet – Tanks gespickten Vormarschstraßen gesehen haben. Solche Straßen fahren auch wir. Russ. Bomber nur noch ganz selten, dafür aber tägl. noch Geplänkel mit Heckenschützen, die in den weiten Wäldern verborgen sind. Alles spielt sich für uns in freier Natur ab. Von früh bis spät, immer draußen, immer angespannt mit den Nerven, Karabiner immer griffbereit. Abends wird ein Bauernhof gesucht, Wachen werden aufgestellt, gefuttert, sogar sehr gut, einer spielt auf russ. Gitarren, Kameraden singen Heimatlieder oder unser Grammophon schluchzt “bel ami”. Die Bevölkerung freut sich, dass wir da sind, möchte Stalin am Galgen sehen. Lange wird es sicher nicht dauern, dann werden die ersten Panzer durch Moskau rollen. Die russ. Luftwaffe ist bestimmt heute schon erledigt. Was hätte man, und was könnte man heute noch für Schaden anrichten, wenn die russ. Luftwaffe in Ordnung wäre. Die Bomber sind direkt Katastrophe. Vollkommen manövrierunfähig, fliegen stur gerade aus, unsere Jäger von hinten eine Salve hinterher – schon stürzt er ab. Das Zigeunerleben ist jedenfalls hoch interessant, hoffentlich schafft’s mein Wagen. Sprachschwierigkeiten sind bedauerlich, russisch werde ich nie lernen. Heute hatten wir Ruhetag, große Wäsche, obwohl ich bereits 2 x seit Kriegsanfang mein Taghemd wusch, wird es immer dunkler. Das warme Wasser fehlt eben. Strümpfe stopfe ich ganz prima. Freue mich direkt über jedes Loch. Heute sind wir in sehr “netter Umgebung”. 2 Russinnen hören verstohlen aus einer Gehöftecke unserem Gesang zu. Man traut uns noch nicht richtig. Morgen früh wird ein Rind geschlachtet! Filet in Sahnesauce? Nicht ausgeschlossen! –
Nun zu Dir, mein Lieb‘, mein kleines Herzel – sorge Dich nicht zu sehr, jede Kugel trifft nicht, die NSV kommt schon gleich hinter uns. Schone Dich vor allen Dingen. Vielleicht ist der Krieg doch bald aus – dann hat Dein Manni ein abgearbeitetes Evchen. Also nicht so nah an die Arbeit heran. Auch wir drücken uns vor jeder Zusatzbeschäftigung. Wenn Du an Wolfgang schreibst, grüße ihn, zum Schreiben habe ich jetzt keine Zeit, nur für Dich. In jedem Moment muss ein Kraftfahrer bereit stehen, Tag und Nacht. Grüße auch die Eltern, Stollwerk usw.
Ich küsse Dich innig viel Tausend Mal,
Dein ferner Manile

 

 



Ansicht des Briefes

 

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