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Brief (Transkript)

Ernst Emmerich an seine Eltern am 22.02.1915 (3.2011.3530)

 

Wieder bei Munkacz am 22.2.15.


Unser Karpatenfeldzug vor der Hand hinter uns. Am 4. II gings von Lalovo teils zu Fuß, teils mit Bahn nach Voloz, von dort über die Pässe, durch Verecki, Annaberg an die Front. Dort haben wir gesehen, was die Truppen dort vorne auszuhalten haben, und was der östreichische Landsturm dort monatelang ausgehalten hat. Es ist meiner Ansicht nach der schwierigste Teil des Feldzuges; die „Strapazen“ in Polen sind Spaß dagegen. Na, es ist ja vorüber. Wir wurden also abberufen, um mit der 5. Kav. Division nach der Bukowina abzudampfen. In den wahnwitzigsten Gewaltmärschen rannten wir dann hierher an die Bahn, wohin wir zu bestimmter Stunde zum verladen bestellt waren, um, endlich am Ziel, einen neuen Befehl vorzufinden, der uns noch ein bis zwei Tage hier in Ruhe liegen läßt. Was nun wird, ist völlig unbekannt, die Bukowina „soll“ aufgegeben sein, weil wir dort wegen eines neuen Erfolges nicht mehr nötig sein sollen. Nötig hatten wir ja die Ruhe auch, und heute Nacht hat Alles ohne Stroh und ohne Decken auf der blanken Diele geschlafen wie noch nie. - So sind wir also wieder hergestellt, und ich kann wie immer berichten: Befinden gut. - Wie es Euch zu hause geht möchte ich doch auch gern wissen. Ihr schreibt nie darüber. - Post habe ich in den letzten Tagen unendlich viel erhalten und glaube nicht, daß etwas fehlt. Wenns nämlich mehr wäre, grenzte es an Unfug. Die [...]zigarre wird mit allgemeiner Begeisterung geraucht, und ich soll den Dank meiner Korporalschaft einmal aussprechen. -
Muff, Salzbüchschen sind in meinen Händen. Der Muff hat mir in den Tagen in der Karpatenfront die besten Dienste geleistet. - Ich möchte übrigens nicht unerwähnt lassen, daß auf den Begirgswegen hier, auf denen selbst die Infantrie Mühe hat fortzukommen, die österreichischen 30,5 ctm Mörser nach vorne gefahren sind, um Turka, einen von den Russen stark befestigten Platz am Ausgang des Gebirges zu beschießen; wahrlich eine Musterleistung der Daimlerwerke. - Trotz allem liegt aber die Hoffnung endgültigen Siegens hier im Gebirge allein bei einem Druck von hinten, sei es von der Bukowina, sei es von Tarnow, sei es vielleicht auch von Warschau aus. Für ein frontales Durchbrechen hier wären die Opfer wohl zu groß, zumal die Russen an dieser gefährdetsten Stelle unser ganzen Front immer neue Truppen ins Feld führen, und zwar gute Truppen. Sie müssen immer noch größere Verbände asiatischer Truppen, Kirgisen, Kaukasier u. s. w. gehabt haben, die sich sehr gut schlagen. Hoffentlich gehts bei Warschau bald recht vorwärts, denn hier vorn kostet jeder Tag. -
Was nun Mutters Brief an Spitteler betrifft, so würde ich einmal vorschlagen, in Ernst Hardts Gudrun einmal nachzulesen. Es ist wahrscheinlich ein Irrtum zu glauben, daß „Er“ besser ist als andere. -

 

 



Ansicht des Briefes

 

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