Brief (Transkript)
Freund an Wolfgang Panzer am 09.08.1918 (3.2012.2822)
Solesmes, 9.VIII.1918.
Mein lieber Wolf!
Vor wenigen Tagen erst erreichte mich Deine liebe Karte vom 18.VII auf dem Umweg über Magdeburg, Striegau, Cöln, Liegnitz hier im Feld. Du staunst – ja mon cher – es ist das Leben, wem es bestimmt, der endet auf dem Mist, bei seinem edelsten Bestreben! Nur wenige Tage war ich in Garnison, bekam 14 Tage Heimaturlaub, von dem ich jedoch am 8. Tage bereits zur Abteilung zurückberufen wurde, um sofort wieder ins Feld zu gehen. Trotzdem – auf Grund meines chronischen, also quasi unheilbaren, Magenleidens bin ich nur noch „dauernd g. v. f. Etappe“. Hic Laeret aqua - - Ich habe es ja hier im Depot ganz gut, bekomme sogar weißes Brot und Extrakost, jedoch – mein Ehrgeiz(?) bleibt dabei nicht stehen. Ich habe ein Plänchen und zu dessen Gelingen sollst Du mir verhelfen. Du stutzt? Ja, das will ich Dir erklären, mein lieber Stutzer; also - - -
Bei unserem Zusammensein damals in Biefvillers erzählte ich Dir von meiner süßen kleinen Angebeteten Braut Ortansa. - Vorgestern erhielt ich von ihr ein Briefchen – ein Briefchen sage ich Dir - - ich habe bald geheult vor Sehnsucht; dazu Ortansy\'s Bildchen, bezaubernd sage ich Dir. Schade, daß Du nicht in meiner Nähe bist, ich möchte Dir\'s zeigen; vielleicht könntest Du mich dann verstehen – und tout comprendre, c\'est tout pardonner! Mein Schwiegervater hatte liebe Worte beigefügt. Mit offenen Armen und Herzen werde ich dort erwartet. Und darauf baut sich mein Plan. Meines Schwiegervaters, Herrn Predeleanus, Raffinerie untersteht zur Zeit der Deutschen Militärverwaltung in Rumänien. Es besteht nun ein Armee-Verordnungs-Blatt, etwa im Monat März, eine Verfügung, wonach Leute, die nicht k.v. sind, und sich für 5 Jahre zu verpflichten bereit sind, auf Grund eines Gesuches bei der Militärverwaltung engagiert werden können. Hier wurde mir nicht erlaubt, das A. V. Bl. durchzusehen. Und da richte ich an Dich die Bitte, zitiere Dir Deinen „Etatsmäßigen“ vor Dein gestrenges Antlitz & gib ihm den Auftrag, betreffende Verfügung im Armee-Verordnungs-Blatt aufzusuchen und mit Ad., Datum etc. abzuschreiben. Für die Übersendung dieses wäre ich Dir, mein lieber Wolf, zu größtem Dank verpflichtet. Ich habe Dich damals bereits eingeladen, mich … Deiner Hochzeitsreise in Rumänien zu besuchen; ich wiederhole heute wieder diese Einladung von ganzen Herzen; dort will ich dann versuchen, mich für Deine Liebenswürdigkeit erkenntlich zu bezeigen; ich bin überzeugt, es wird Dir in unserem gemütlichen Ploeşti\'er Heim gefallen. Wär\'s nur erst so weit – doch jetzt liegt es ja in Deiner Hand, mein lieber Wolf, und ich weiß, Du wirst Deinen alten Kommilitonen nicht im Stiche lassen. Sei für Deine Mühe meiner sowohl wie meiner Braut herzlichsten Dankbarkeit versichert!
Wie geht es Dir denn noch mein lieber Wolf; immer noch soviel Arbeit? Der lange Hinrich ist ja jetzt Vize, ich laß ihm herzlichst gratulieren. Euch allen, die Ihr es weiter gebracht als ich, gönne ich Euer Glück von ganzem Herzen. Ich weiß, Ihr treuen Seelen werdet darum Euern alten Pennalgefährten, wenn er auch nur übg. Signal-Gefr. ist, doch nicht verachten. Vielleicht werde ich auch noch einmal, später in Zivil, ein brauchbares Mitglied der menschlichen Gesellschaft; trotz meiner Familie, die mir andauernd die heftigsten Vorwürfe macht, weil ich nicht Chargierter bin. - - - -
Nun hast Du mal wieder einen langen Brief, mein lieber Wolf. Hoffentlich erfüllst Du mir meine Bitte und antwortest mir baldmöglich. Im Voraus herzlichen Dank. Hast Du in letzter Zeit vom “Velg” gehört? Grüße den langen Hinrich und empfange auch Du, mein lieber Wolf, die herzlichsten Grüße und besten Wünsche für Dein ferneres Wohlergehen.
In alter Treue bin ich stets
Dein
Ernst Michael.
Adresse: Signal Gefr. E[...] …....
Nachrichten-Ersatz-Depot II
Dt. Feldpost 334
1. Blinkerzug.
Wie sind eigentlich die Fotos von damals ausgefallen?
Ansicht des Briefes
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