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Brief (Transkript)

Hellmut Richter an seine Ehefrau am 3.8.1944 (3.2002.7568)

 

Westen, den 3. Aug. 44



Mein liebes, kleines, allerbestes Frauchen!

Ich sitze heute am Katheder in einer Schulklasse und schreibe an Dich unsere Schreibstube ist hier für einen Tag untergebracht. Wir sind der richtige Wanderzirkus geworden und haben seit meinem letzten Brief schon wieder 3 Ortschaften bewohnt. Im Ganzen sind wir in den letzten 3 Tagen ca. 60 klm. zurückgegangen. Nachdem wir gut aus dem Einschließungsring heraus waren kamen wir vorgestern wieder in die Gefahr vom Westen her abgeschnitten zu werden. Jetzt sind wir soweit zurück, daß wir das erste Mal seit langer Zeit sicher liegen und vor allen Dingen Ruhe vor den Fliegern haben. Zwar kamen heute früh 30 Jäger vorbei und gestern fielen auch einige Bomben in der Nähe aber das ist ja garnichts gegen das was wir manchmal über uns ergehen lassen mußten. Jetzt haben wir schon viele Stunden, wo nichts kommt und auch die Artillerie hören wir nicht mal mehr. Anstrengend sind nur die täglichen Nachtfahrten völlig ohne Licht müssen wir fahren und dabei ist ein großer Verkehr in beiden Richtungen. So eine Fahrt kann ich Dir garnicht schriftlich schildern und werde Dir alles selbst erzählen. Wir sagen so manchmal wenn doch dieser Wahnsinn bald ein Ende hätte, was geht so täglich an Menschen von uns und auch Zivil zu Grunde. Man kann es garnicht beschreiben, was die Artillerie die mit den großen Mengen an Geschützen planlos alles vor sich zerstört. Kinder, Frauen und Tiere verwundet und tot. Dann die Flüchtlinge zwischen unseren Kolonnen. Viele eigene Verwundete müssen liegen bleiben da kein Platz zum mitnehmen ist. Dann immer die Flieger noch dazwischen und alles muß im Dunkeln gehen. 16 Mann werden von uns vermißt und müssen als gefangen gelten. 5 Mann hatten sich noch durchgeschlagen. 4 Verwundete hatte wir auf dem Rückzug. Von Fliegern wurden wir nie direkt angegriffen und so haben wir auch unsere ganzen Fahrzeuge heil bei uns. Die Div. ist so ziemlich aufgerieben und wir werden vielleicht aufgefüllt oder verteilt. Dazu kommen wir weit zurück ins Hinterland man spricht auch davon zum Ersatztruppenteil. Heute abend ziehen wir wieder weiter zurück nach Osten. Die Mayenne wo wir hier sind ist auch eine schöne Provinz mit Bergen, Wald und riesigen Weiden. Gestern hatten wir auf der Fahrt eine Panne und mußten auf ein Ersatzteil warten. Da sind wir in einen Bauernhof gegangen, es war früh 600 Uhr. Die Frau war sehr freundlich zu uns und fragte gleich was wir zu essen haben möchten. Wir wollten in der Scheune nur einige Stunden schlafen. Sie bestand darauf, daß wir Milch, Sieda, den Apfelmost, und Spiegel- oder Rühreier essen möchten. Wir nahmen auch an und haben schön gegessen. Als wir um 1100 Uhr aufwachten hatte sie 2 Hühner bald fertig eine Gemüsesuppe und Salzkartoffeln dazu. Wir haben auch das noch gegessen. Nachher hat sie uns noch Kaffee gekocht mit Cognak und Zucker. Wir haben uns sehr gewundert so bewirtet zu werden dabei hat die Frau den Mann seit 1940! in deutscher Gefangenschaft. Wir haben alles gut bezahlt und noch etwas Salz dagelassen was hier sehr knapp ist. Dann haben wir uns noch 150 Eier mitgenommen. Die Frau war sehr froh soviel verkaufen zu können – 2 Marokkaner sind unsren Leuten zugeteilt worden und 2 Tartaren die wie Mongolen aussehen. Wir sind ein ganz internationaler Haufen. So wie wir mal einige Tage an einer Stelle bleiben schreibe ich Dir einen langen Brief.
Tausend Küsse
Dein Hellmut

 

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