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Brief (Transkript)

Hellmut Richter an seine Ehefrau am 16.6.1944 (3.2002.7568)

 

Westfront den 16. Juni 44


Nr. 14

Mein liebstes bestes Frauchen!

Ich muß Dir nun unbedingt schreiben was ich treibe und wie es mir geht, Du hast Dich doch schon wieder geängstigt um mich, wenn auch ohne Ursache dazu. Wir sind vor 3 Tagen nach vorn gefahren und liegen immer noch einige Kilometer hinter der Kampflinie in den Wäldern. Es war eine langsame Fahrt, da wir nur nachts und ohne Licht fahren mußten. Leider hatten wir auch 2 Verwundete und einen Toten durch die verdammten Tiefflieger die hier in großen Mengen zu jeder Zeit da sind. Einen Teil der Strecke hierher habe ich als Kolonnenführer auf dem Motorrad gefahren. Ich mußte nach der Karte den befahrenen Weg suchen und manchmal war es im Dunkeln nicht so leicht, da Orte durch Bombenangriffe nicht passierbar waren und wir eine Umleitung fahren mußten. Mit nur 1 ½ Tag Verspätung waren wir zum größten Teil hier. Über 2 Fahrzeuge haben wir bis heute noch keine Nachricht auch wird unser Waldvogel mit 4 Mann vermißt. Er hatte einen leeren Spritzug zu bewachen, welcher zum Tanken nach Paris unterwegs war. Der Zug soll vernichtet sein, was bestimmtes wissen wir aber nicht. Durch die in ganz großen Mengen eingesetzte feindl. Luftwaffe spielt sich unser Leben am Tage nur getarnt im Walde ab. Abends dann bis früh ist Fahrbetrieb.
Wir hören nur den Wehrmachtbericht und wissen sonst nicht viel davon, wie es vorn aussieht, da wir keine Zeitungen haben und auch keine Post kommt. Viel Butter und Eier gibt es hier billig zu kaufen und ich habe tüchtig zu leben. Leider kann ich Euch davon nichts zukommen lassen. Ich sitze beim schreiben am Eingang meines selbstgebauten Bunkers. Heu und Laub liegt unter den Decken und es ist nachts schön warm. Das Wetter ist gut und da schläft es sich im Freien ganz schön. Wir haben auch die Gefangen-Sammelstelle hier und täglich kommen frisch gefangene Engländer an und werden von uns weitergebracht. Wie ändert sich doch alles in so einem Krieg. Im Vorjahr stand ich hinter Draht und jetzt stehe ich wieder davor und sehe die Engländer dahinter. Es sind viel junge Kerlchen dabei, meist Freiwillige, viele haben auch in Tunesien schon gegen uns gestanden. Eine Sammelstelle für die Versprengten von uns haben wir auch hier. Die Komp. ist nur sehr klein, fast alle sind in Spritlager und Munilager verteilt und geben dort aus und bewachen die Lager. Der Tag vergeht so schnell und man lebt so zeitlos dahin. Ich sage mir nur immer wieder, was ich doch für ein Glück habe nicht in der Kampflinie liegen zu müssen bei diesem unheimlichen Beschuß des Feindes mit Schiffsart. Bombern in unvorstellbaren Mengen, dann Tiefflieger und Panzer. manche Zeiten am Tage und auch nachts dröhnt die Erde und die Luft nur so stundenlang bis zu uns. Und unsere Flak schießt auch noch ganz fürchterlich dazu.
Wie geht es Euch? Ich denke viel an zu Hause und möchte Euch bald mal wieder sehen. Wann wird es soweit sein?
Viele herzliche Küsse
Dein Helmut

 

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