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Brief (Transkript)

Heinz Sartorio an seinen Vater am 6.4.1942 (3.2002.0827)

 

Russland, den 6.4.1942


Lieber Papa,

nun ist Ostern auch vorbei. Es war ein ziemlich trauriges Fest. Das Schönste war, dass wir keinen Dienst hatten. Nur vom 1. zum zweiten Feiertag hatte ich Wache. An besonderer Verpflegung haben wir bekommen: 1 Tafel Schokolade, Bohnenkaffee (etwas dünn, aber stärker verträgt man sowieso nicht mehr) und Kuchen. Natürlich kein Friedenskuchen, hat aber trotzdem wundervoll geschmeckt. (2 Stück) Das Wichtigste für mich war, dass ich mich mal richtig ausruhen und erholen konnte. Morgen geht nun der Dienst weiter und ich muss wieder mitmachen, denn der Arzt hat mich dienstfähig für leichten Dienst geschrieben. Wie das nun werden soll, ist mir noch rätselhaft, denn der Dienst der hier zu machen ist, wird wohl immer zu schwer für mich sein. Ich werde mir jedenfalls die größte Mühe geben und mitmachen, solange ich eben kann. Vielleicht findet sich aber auch einen Kommando für mich, das mich von der schwersten Arbeit befreit. Ich wäre jedenfalls froh, wenn ich einen Posten hätte, den ich voll ausfüllen kann, damit die Quälerei endlich aufhört. So wird man doch immer als Drückeberger angesehen. Die "Kameraden" machen sich auch einen besonderen Spaß daraus, über mich herzuziehen und mich anzupöbeln. Ich habe noch nie eine so schlechte Kameradschaft erlebt wie hier. Auf uns " Neue" hat man jedenfalls einen elenden Hass. Warum ist uns nicht ganz klar, aber ich glaube nie, dass wir an dieses Sachsenvolk jemals Anschluss finden werden. Schön ist das jedenfalls nicht, zumal man auch versucht, uns dauernd zu benachteiligen. Wir haben schon viel Krach gehabt u. einige sind wohl auch schon der Meinung, dass es besser ist, mit uns nicht anzubändeln. Wenn es nicht im Guten geht, müssen wir uns eben Respekt verschaffen. Lieber wäre mir aber bestimmt, es ginge friedlich ab. - Deine Briefe haben mir viel Freude bereitet. Was Du schreibst, ist alles sehr richtig, aber du weißt ja, dass wir eben diesem Punkte einer Meinung sind. Mit großen Illusionen bin ich sowieso nicht in den Krieg gezogen, was ich aber bisher noch an Glauben hatte, habe ich inzwischen restlos verloren. Man sieht nur Hunger, Not und Elend und vom Heldentum ist nicht viel zu merken. Meist ist das Heldentum auch nur Notwehr. Und in die Verlegenheit der Notwehr kann man hier schnell kommen, denn es wimmelt hier von Partisanen. Ab und zu hängt man einen als abschreckendes Beispiel, aber alle kann man nicht hängen, denn dazu reichen nicht die Pfähle. Vor ein paar Tagen ist mitten in der Stadt eine bolschewistische Zentrale ausgehoben worden. War eine große Schießerei. Aber das fällt nicht weiter auf, denn hier knallt es jede Nacht und manchmal auch am Tage an allen Ecken und Enden. Ja, es ist schon ein freundliches Land in dem ich bin. Aber ich glaube, man ist hier diese Zustände gewöhnt, denn im Frieden wird es auch nicht viel besser gewesen seien. - Beiliegend schicke ich nun den Rest meiner Urlaubermarken. Wie ich gehört habe, sollen die Marken bald verfallen. Vielleicht könnt Ihr die Marken für Gebäck verwenden und mir etwas davon schicken. Die Fettmarken werdet Ihr am besten für euch verwenden, deren das lässt sich ja schlecht schicken. Es sind insgesamt 155 gr Fett, 860 gr Brot und 150 gr Nährmittel. Die Fettmarken gelten auch für Butter und die Brotmarken auch für Weißbrot, Kuchen und Gebäck. Jedes Päckchen an mich darf 100 gr wiegen. Seht mal zu, was sich machen lässt, und lasst die Marken nicht verfallen.
Sobald ich Zeit habe, schreibe ich wieder. Bis dahin alles Gute und recht herzlichen Gruß
Heinz
Gebt mir bitte eine Betätigung, wenn Ihr die Marken bekommen habt.

 

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