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Brief (Transkript)

Lutz Raumer an seine Eltern am 15.11.1944 (3.2002.7404)

 

Westen, den 15.11.44


32)

Lieber Vati!

Leider kommt mein Geburtstagsbrief sicherlich wieder zu spät. Es ist aber nicht meine Schuld, denn auf Grund von einigen technischen Störungen ist es nicht möglich, daß die Post fort geht. Der Brief kommt spät, aber er kommt (Hoffentlich)!
Nun wünsche ich Dir alles Gute und hoffe, daß Du weiterhin bei guter Gesundheit bleibst. Ferner wünsche ich das Beste in Bezug auf die Heranziehung zum Volkssturm.
Inzwischen ist es hier im Ort sehr lebendig geworden, denn der Amerikaner langt mit seinen Geschützen auch in unser Dorf hinein. Obwohl wir eine bombensichere Unterkunft haben, fällt einem das Gebumse doch auf den „Wecker“. Am 11. fing er an hier herein zu schiessen, obwohl er vielleicht nicht direkt das Dorf treffen wollte, so reicht es doch, was bisher angerichtet worden ist. In den ersten 12 Stunden des Beschusses hat der Amerikaner nach Schätzung der Artilleristen mindestens 20000 (zwanzigtausend) Schuß in unsere nähere und weitere Umgebung verschossen. Nachdem hatte es ja bedeutend nachgelassen; es ist natürlich immer damit zu rechnen, daß die wieder einen „Rappel“ bekommen und von vorn anfangen.
Gestern ist die Kompanie für einen Tag vorn herausgezogen worden. Wir gaben uns natürlich die redlichste Mühe, ihnen hier alles so bequem wie möglich zu machen. Wir wurden aber sehr enttäuscht. Kaum waren die Leute in die Quartiere eingezogen, die vorher von kaum einem Landser betreten worden waren, so wurden sofort sämtliche Schubladen, Kästen und Schränke ausgeleert, um nachzusehen ob es etwas zu organisieren (sprich: plündern) gibt. Der Inhalt blieb natürlich auf dem Boden liegen und wurde dort herumgetreten. Jeden „Dreck“ verpacken sie dann in Pakete und wollen es nach Hause schicken, wir haben dann die Mühe die Pakete los zu werden, da es doch Paketsperre ist. Wird einmal solch ein Paket von anderer Stelle geöffnet so sind sie selber dran.
Ein schlechteres Bild kann ich mir auch nicht machen, wenn die Russen in ein Dorf eindringen.
Ich muß mir das einmal von der Leber runter schreiben, denn das kann mich wer weiß wie erbittern. Nun aber genug vom Kriegsgeschehen. Mein Befinden ist weiterhin zufriedenstellend. Ich grüße und küsse Dich nun herzlichst und bin

Dein Lutz

Herzliche Grüße und Küsse auch an Mutti

Heute wurde im OKW-Bericht der Ort Mörchingen erwähnt. Dort waren wir erst vor kurzer Zeit und hätten nie gedacht, daß der Amerikaner schon so schnell dorthin kommen würde.

 

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