Brief (Transkript)
Johannes Wierich an seine Familie am 03.05.1916 (3.2009.0064)
Im Unterstand, den 3. Mai 1916.
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Meine Lieben!
Gerade habe ich Kaffee getrunken und dabei das letzte Stückchen Speck verzehrt. (Gestern kam die prächtige Zunge an.) Natürlich gab es Kaffee mit Zucker, denn solcher wird hier soviel als man bedarf geliefert und ausgegeben. Seit 8 Tagen haben wir besonders feines Brot mit starkem Weizenmehlzusatz. Ich glaube bald, ich lebe hier besser, wie Ihr zu Hause. Gestern Abend hatten wir Reibekuchen; ich habe ihn nicht aufgegessen so reichlich war\'s. Er war fein dünn und knusperig gebacken. Dazu hatte ich noch etwas eingemachte Erdbeeren; in der Kantine hatte ich mir eine Dose derselben (1,90 M) holen lassen. - Heute erhält die Kantine wahrscheinlich 500 Eier aus Belgien. Da kann man sich hoffentlich an den Eiern einmal ein paar Tage gütlich tun.
Gestern Abend ist in der Kompagnie seit einem halben Jahre der erste gefallen. Beim Drahtziehen ging ihm ein Infanteriegeschoß (Zufallstreffer) durch die Gurgel. Er hat noch einige Stunden gelebt und ist dann gestorben. Es ist ein junger Berliner (21 Jahre) der übermorgen in Urlaub fahren sollte und das wahrscheinlich schon nach Hause geschrieben hat. Statt seiner erhalten die Eltern nun die Nachricht von seinem Tode.
Sonst nichts Neues.
Herzlichst
Euer
Johann
Ansicht des Briefes
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