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Brief (Transkript)

Karl Linder an seine Eltern und Schwestern am 30.05.1917 (3.2009.0497)

 

Den 30. Mai 17.



Liebste Eltern u. Schwe.!

Habe den Brief v. 16. u. den Kartenbrief v. 22. sowie Karte von Reti aus München gleichzeitig erhalten, ebenso Paket 52 und 53. Herzlichen Dank. Wir haben nun endlich 1 Tag Ruhe. Heute Abend geht\'s schon wieder vor, wenn auch nicht ganz. Liegen zur Zeit in einem Waldlager in Laubhütten, zum Glück herrliches Wetter. Gestern hatten wir mal wieder Musikgenuß von Kapelle Nessen, nachmittags und abends zum Dämmerschoppen innerhalb des Offz. Kreises des Batl. War die letzten Tage bes. gestern ordentlich müde. Kann Euch sagen, daß es in keiner Offensive noch so ungemütlich und ärgerlich war als diesmal, nicht wegen der Kampfhandlungen, die ja sehr gering waren sondern wegen der Behandlung von höheren Stellen, der Rücksichtslosigkeit gegen die Truppe, die wirklich Ruhe brauchte. Wir waren erst 12 Tage Unterstützung (OZB[?] so schlimm wie in vorderer Linie [Steno]) kamen dann zurück am 22. durch u. durch naß, abends Alarm, so mußten wir wieder hinaus u. zwar diesmal in vord. Linie, wo wir noch ziemlich Verluste hatten; am 27. früh abgelöst kamen wir glücklich zurück und freuten uns auf einige Tage Ruhe. Aber am 28. früh 7°° marschierten wir schon wieder vor, nicht weit, hatten aber nachts Material und Minentransport bis ganz vor. ohne am Tage verpflegt worden zu sein. Wie da die Leute angestrengt und geplagt waren, bes. mit Tragen von über 1 Ztr. schweren Minen je 2 Mann 3 Std. Weg kann ich nicht schildern. Auch kann es niemand verstehen, der nicht selbst dabei war, was da alles mit hereinwirkt und einen oft zur völligen Wurschtigkeit bringt. Zum Glück ist man ziemlich unverwüstlich u. erholt sich rasch wieder, sobald immer vorbei ist. Man vergißt das Unangenehme sehr rasch, wenn mans wieder besser hat.
Nun bes. gefährlich kanns nicht mehr werden, auch werden wir bald weg sein, vielleicht schon bevor Ihr diesen Brief erhaltet. Es müsste gerade alles täuschen. Sonst weiß ich nicht viel. Es geht mir gut, bin ganz gesund und auch ausgeschlafen. Müller Bruno hat manchmal schon ziemlich Arbeit gehabt mit meinem Gepäck und in seinem Amt, da man ja alle Augenblick umziehen muss.
Ein Komp.Führer unseres Batl. Herr Ltn d. R. Deppe ist gefallen, ein Lehrer aus Detmold. Er war der Chef von Ltn. Merkle u. ist ihm nun rasch gefolgt.
1 Vzfw. von meiner Komp. ist auch gefallen u. 1 Uffz. Bis jetzt sind es etwa 10 Tote u. nochmal soviel Verwundete. Hoffentlich werdens nicht mehr.
Brief von Frau Mages auch erhalten. Herzl. Gruß an sie.
Bes. aber grüßt Euch
herzlichst Euer Karl.
Gruß an Alle!

 

 



Ansicht des Briefes

 

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