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Brief (Transkript)

Hans-Karl Schmidt an seine Eltern, am 27.11.1944 (3.2002.0251)

 

Polen, 27.11.44.



Ihr Lieben!

Gestern kamen Vaters und Mutters Briefe vom 18.11. Ich danke Euch dafür und freue mich, endlich eine beruhigende Nachricht von Euch zu haben. Nur weiß ich nicht, was ich hier mit 150 gr. Fleischmarken und 250 gr Käsemarken anfangen soll. Es gibt hier in der Einöde doch keinen, der sie mir abnehmen kann. Darum schicke ich sie Euch heute noch zurück. Ob Ihr etwas damit anfangen könnt, glaube ich kaum, vor 3 Monaten verloren sie schon ihre Gültigkeit. Dann habe ich noch eine Frage an Euch: Wo soll ich die Briefe hinschicken, nach Neumünster oder Mühlenbarbeck? Und könnt Ihr mir nicht Zeitungen und Zeitschriften schicken. Es kann doch nicht gesperrt sein, denn mit jeder Post kommen Zeitungen an, zusammengefaltet und mit einem Streifband versehen. Allmählich wird es langweilig, hier ohne jede geistige Nahrung zu sitzen. Mein Funkgerät kann Rundfunksendungen nicht abhören, Bücher sind sehr knapp, da bin ich leider wieder auf Euren Nachschub angewiesen. Mit den kleinsten Sachen will ich schon zufrieden sein. –
Ihr in der Heimat seid vom Kriege mehr betroffen als die Front. Bei Euch ist es ein Nervenkrieg, zermürbender als tagelanges Wachestehen. Einmal kommt da doch die Ablösung und dann kann der erquickende Schlaf genossen werden. Was geschieht nun an unserem Frontabschnitt? Kampflärm ist nur nachts, weil dann von beiden Seiten mit Annäherung gerechnet wird. Die Schüsse hallen dann weithin durch die Wälder. Und in ganz dunklen Nächten, wenn der Wind günstig steht, wagt sich auch einmal die PK nach vorn und gibt Musik zum Besten. Allerdings für den Iwan, das muß hinzugesagt werden. Die Sprecheinlagen, die von der Nutzlosigkeit des Kampfes der Bolschewisten handeln, sollen Überläufer heranlocken. Der Russe macht das Gleiche aber auch in deutscher Sprache. Der Propagandakrieg wirkt etwas lächerlich, er hat auf beiden Seiten schon Erfolg gehabt. Russische Flugblätter, die zur Übergabe auffordern, findet man hier auch massenhaft. Sie werden durch Flugzeuge abgeworfen. Weil wir keine haben, schießt unsere Artillerie die Propagandamunition herüber. So werden dann beide Fronten mit handlichen Klosettpapier versorgt. Man muß aus allem einen Vorteil ziehen selbst wenn etwas Schlechtes damit beabsichtigt wird. –
Ich grüße Euch herzlich und hoffe, daß es Euch weiterhin gut gehen wird. Tut mir das, was Euch recht erscheint. Frohes Advent!
Euer Hanskarl

Mutter, laß Dich nicht nach Lola schicken! Verwahre das nächste Mal Deine Marken besser auf. Du gehst zu verschwenderisch damit um.

 

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