24. Brief
Badekow, am 14. Mai 1949

Mein Liebling!

In Anbetracht des heutigen Tages sende ich Dir in treuem Gedenken die allerherzlichsten Grüße und Küße. Ich hoffe, daß es heute das letzte Mal ist, daß wir diesen so wichtigen Tag getrennt verbringen müßen. Den 14.5.47 habe ich heute noch einmal förmlich erlebt. Alles kann ich mir genau vorstellen, wie Du vor mir standest, wie wir in eine Unterhaltung kamen u. als Abschluß die kurze Fahrt in der Straßenbahn. Gegen ½ 9 Uhr begannen wir unser Gespräch u. gegen 12.00 Uhr trennten wir uns! War es nicht so? Mein über alles geliebter Werner?
Seinerzeit habe ich es nicht für möglich gehalten, daß es zwischen uns Beiden einmal soweit kommen würde. Gewünscht habe ich es mir zwar sofort, aber ich weiß nicht, es schien mir alles in weiter Ferne u. ich wollte auch keine Luftschlößer bauen. Wie herzlich gern wäre ich damals mit Dir zu der Ausstellung „Werte unter Trümmern“ gegangen – erinnerst Du Dich, mein Liebling, in der Straßenbahn ludest Du mich dazu ein – aber ich hatte ja die Fahrkarte der Reichsbahn u. mein Zug fuhr ja, ich wäre auf keinen Fall der Wissenschaft halber hingegangen, vielleicht hätte ich manches auch verstanden, wenn Du es mir erklärt hättest. Dorthin wäre ich aber nur gegangen um mit Dir meinem lieben, lieben Werner, zusammen zu sein.
Dann kam ich am 12. Juli wieder zu Dir, Du holtest mich ab. Ja, ich erinnere mich gern! Schöne Stunden verlebten wir. Und wie glücklich fuhr ich wieder hier her. Ich hatte jedenfalls das Gefühl einen lieben Menschen gefunden zu haben. Immer werde ich Dir dankbar sein für alles Liebe u. Gute das Du mir schon erwiesen hast. Ich bin unsagbar froh u. wunschlos glücklich, daß ich Dich habe. Alles werde ich tun, damit bald der Tag kommt, den wir so sehnlichst wünschen u. die Zeit, da wir zusammen sein können.
Es grüßt u. küßt Dich, meinen über alles geliebten Werner, deine sich immer nach Dir sehnende und Dir ewig treubleibende
Ida.