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Brief (Transkript)

Wally R. aus West-Berlin an Anna nach Ost-Berlin im Juni 1963

 

im Krankenhaus

Juni 1963
Donnerstag 14. 4 Uhr
4 Wochen heute ?

Meine lieben Süßen Kinder und meine liebe Anna.

Dein Brief liebe Anna heute früh erhalten. Gitti, Deiner kam Nachmittag. Habe alles in guter Gesundheit gelesen. Da habt Ihr mir ja alles berichtet, auch Gitti, von meinem großen Süßen von seiner Oper mit dem Chef. Die Hauptsache es war schön, ich hab so an Euch gedacht wie Ihr dort wart. Und unsere Puppe mit Mutti alleine waren. Die Hauptsache liebe Anna, daß sie Dir Freude macht. Da wirst Du ihr ja etwas Neues gelernt haben. Kann sie schon Handkuß, Gitti das kann ich mir vorstellen, daß Ihr Freude an ihr habt.
Schade, daß ich nicht kommen kann. Also liebe Anna, das ist warm was? Und ich liege hier. Heute war mein Hemd schön naß gewesen, ist am Körper getrocknet. Also mit Pillen und was Flüssiges für das Bein muß ich einnehmen und eine Spritze bekomme ich seit gestern hinten in Po, tut schön weh. Heute habe ich von meiner Nachbarin zwei Tabletten eingenommen, also gestern Abend. Bin heute früh und jetzt rauf auf den Topf gewesen, ja aufstehen darf ich nicht, aber meine zweite Dame darf auch nicht raus und da bin ich heute früh mit raufgegangen auf den Stuhl. Das ist eine Wohltat wenn man leer ist. Mein Bein habe ich noch mit Alkohol. Na morgen wird dann Verband drauf sein. Vielleicht brauche ich nicht mehr so lange hier bleiben.
Meine Gedanken sind immer bei Euch. Paßt bloß auf unsere Mutter auf, Gitti und Kurt. Ach überhaupt lieber Kurt wie geht es Dir. Verzeih bitte, daß keine Zigaretten ich kann schicken. Ich möchte auch so gerne eine rauchen und kann nicht.
Das Essen ist gut. Morgen werde ich wieder mit Obst verpflegt und bin satt, wenn ich es sehe. So Schluß, gute Nacht, halb 7 Uhr. muß mich ausruhen.
Also gefrühstückt kein Obst, warum, weiß ich nicht. Ein paar Stullen gegessen mit Marmelade und Butter und ein heißen Karokaffee, kommt statt Kaffee rein ein bischen.
Gitti, Du weißt ja wie es ist, wenn man Appetit hat. Hast Du noch welchen meine Kleine? es tut mir so leid, daß ich Euch nicht was schicken kann, wo unser Kleiner sinen Geburtstag hat.
Mein Kleiner sei nicht traurig, daß Du nichts bekommst. Also ich gratuliere Dir herzlich zu Deinem Wiegenfest, daß Du gesund bist und einen schönen Nachmittag hast. Es werden ja auch Gäste und Kinder dort sein. Was soll ich Dir denn schicken, wenn ich zu Hause wieder bin und kann Dir die Freude berichten, ebend war Frau Doktor hier und sagt, das Bein ist in bester Ordnung. Nachher macht sie mir den Verband, das wird ja schön warm sein. Was man alles aushalten muß. Du weißt ja, mein Kleiner, wie Du mit Deinem Fuß lagst. Ach was macht Dein Bein? überhaupt? Lieber Süßer, paß blos schön auf beim Schwimmen, daß Du gesund wiederraus aus dem Wasser kommst.
Nun werde ich Nachmittag den Brief mit raus geben. Was macht unsere Süße, die wird ja ein Nackedei machen, es ist schön warm.
Liebe Anna, wie geht es Dir? Ärger Dich nicht über Eure Nachbarn. Zieht sie nun garnicht? Was ist nun mit den Terminen?
Grüß alle, die nach mir fragen. Ja was macht der Garten und ist Christel draußen? Fährst Du dann raus liebe Anna, ach ich werde schließen. Ich wünsche Euch einen schönen Sonntag und Geburtstag mein Kleiner. Ich denke nur an Euch, hoffentlich könnt Ihr es mit den vielen Fehlern lesen.
Ja, tausend Küsse von Eurer Tante Wally
Liebe Anna, ich b in gesund, bleib Du mir blos tapfer, Wann werden wir zusammen kommen.
Fleisch mit säuerlicher Soße und Makkaroni, Aprikose und grünen Salat hat geschmeckt. Ach wenn ich Duch blos was schicken oder bringen könnte. Ist Omas Tochter noch dort, hab mich gefreut, daß sie Euch was mitbrachte. Küsse Eure Wally

 

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