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Brief (Transkript)

Rudolf Kurth an seine Ehefrau am 23.06.1940 (3.2002.0867)

 

Im Felde, den 23.6.40. (Sonntag)



Du mein liebes Trudchen!

Ich habe eben Deinen lieben Brief mit dem Kopierstift und dem Briefpapier erhalten, wofür ich herzlichst danke. Der Stift geht in Ordnung, wegen Minen melde ich mich noch rechtzeitig. Hoffentlich wird das nicht mehr nötig. Es wird von Waffenstillstand gesprochen, genaues weiß natürlich keiner. Zeitung, Radio sind hier vollkommen außer Betrieb, daher bekommt man nur mündliche Nachricht. Seid heute bin ich Pferdepfleger, na hoffendlich nicht auf lange Zeit. Unser Quartier befindet sich jetzt in einer Wohnung eines Französischen Offiziers. Welches aus Uniformen und Photo’s hervorgeht. Fabelhaft eingerichtet ist der Kerl. Die Besatzung eines Bunkers hatte eine weiße Fahne gesetzt, als unsere Soldaten sie gefangen nehmen wollten, wurden sie runtergeknallt, das sich die Franzosen nur damit schaden, begreifen sie anscheinend nicht. Na sie werden ja dafür ihre Quittung erhalten.
Das Buch behalte bitte zu Hause, lesen kann ich es dort besser wie hier. Ich bestelle bei diesem Verlag keine Bücher mehr. Vorläufig ist es sowieso nicht möglich.
Gestern Abend wurde ein großes Zechgelage gemacht. Nur Seckt und Wein wurde getrunken, im Suff haben sie dann noch die restlichen Flaschen zertrümmert. Ich hatte mich davon zurückgezogen, denn die Sache war mir zu fad. Übrigens ist jetzt der Seckt um 100 % teurer geworden, der Budiker nutzt die Lage ja sehr gut aus.
Max Kupper schrieb mir, das er verwundet sei, linker Handballe, Streifschuß. Ich soll Elsbeth aber nichts davon sagen.
Ich werde laufend erhaltene Briefe mit bei legen, weil ich sie nicht fortwerfen will und im Gepäck kann ich sie nicht aufheben weil es noch auf den Fahrzeugen ist. Zur Zeit liegen wir noch im Ruhequartier, wie lange?
Hoffentlich kommen wir bald nach Hause. Mir geht es gut und gesund bin ich auch noch. Was ich auch Euch von Herzen wünsche. Wenn ich erst zu Haus bin, bringen wir unsere Wohnung schön in Ordnung. Danach können wir evtl. Möbel kaufen.
Was stellt Reinhold mit dem Roller an, und Gerhard läuft wohl bald. Ich bin glücklich solche Kinder und solch herrliche liebe Frau mein Eigen nennen zu können. Liebling, nicht wir, sondern Du und die Mütter haben die Ehrenzeichen des Kampfes verdient. Euer Opfer ist wohl schwerer, wie unseres. Liebende Frauen und Mütter haben doch ein innigeres empfinden, als wir seelisch harte Frontsoldaten.
In Gedanken gebe ich Dir auf Deine Stirn einen Kuß – und dann auf Deinen lieben Mund.
Leb recht wohl, hoffentlich sehen wir uns bald wieder.
Herzliche Grüsse und innige Küsse sendet Dir Dein
Rudolf
Auf Wiedersehen!

 

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