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Brief (Transkript)

Waldemar Möller an seine Eltern am 30.08.1916 (3.2009.0573)

 

30. August 1916.



Liebe Eltern.
Bin vorläufig immer noch bei der Luftschifferabteilung, wie lange noch, das weiß ich nicht. Wenn unsere Division wegkommt, dann werde ich wohl wieder Luftbeobachter da, wo sie eingesetzt wird. In den nächsten Tagen schicke ich eine ganze Menge Platten und Bilder, die ich gemacht habe; in unserer Photographischen Abteilung habe ich eine ganze Menge gelernt, es ist schade, dass ich nicht mehr länger hier bleiben kann.
Dann schickt mir bitte 2 Mattscheiben 6,5x9 cm gross, ich habe nämlich die in meinem Apparat zerbrochen. Ferner lasst durch den Tauber 3 Mattscheiben (sehr gute!!) Größe 13x18 an Herrn Leutnant d. R. Günther, Feldluftschifferabteilung 7, Feldpoststation 406 sofort schicken, denn ich habe diesem Herrn eine zerbrochen, und er braucht seinen Apparat sehr nötig. Ihr bezahlt natürlich die Scheiben und die Verpackung bei Tauber. Nur müssen sie sofort geschickt werden! Meine kleinen Scheiben könnt Ihr mal gelegentlich schicken.
Der Mann von Else ist wieder ganz in meiner Nähe, aber ich weiss nicht, ob ich noch Zeit haben werde, ihn zu besuchen, ich brauche ungefähr eine Stunde zu ihm. Vom Ballon aus habe ich seine Stellung rechts vor mir liegen, er hatte mir vor ein Paar Tagen einen Kartenbrief geschrieben. Sein Korps ist gerade vor einiger Zeit aus der Sommeschlacht herausgekommen. Er ist aber erst nach der Somme zu seinem neuen Regiment gekommen.
Wenn ich noch länger bei der Luftschifferabteilung geblieben wäre, wäre ich auch zu Freiballonfahrten nach Deutschland kommandiert worden, aber das geht ja nicht mehr. Ich habe darum letzten Monat auch kein Geld nach Hause geschickt. Die Casinokosten sind hier auch ziemlich hoch, dafür ist aber auch die Verpflegung ausgezeichnet. Von dem Monat, den ich bei den Luftschiffern war, kann ich nur 100 Mark schicken von dem Monat vorher habe ich noch 300 M, schicke also wahrscheinlich am Ersten 400 M.
Dann ist noch nicht das Buch über Photogrammetrie von Heincke eingetroffen, und ich hätte es so nötig gebraucht, vielleicht fragt Ihr mal bei dem Buchhändler nach, wo es bleibt, das Taschenbuch für Feldartillerie, das ich gleichzeitig bestellte, habe ich schon längst, Wie das Buch genau heisst, weiss ich nicht mehr, aber in dem betreffenden Brief von mir, werdet es Ihr finden.
In der letzten Zeit bin ich mit dem Ballon nicht mehr viel hochgegangen, dazu war das Wetter vie zu stürmisch und Trübe. Wenn der Wind sehr böig ist, wird man auch richtig seekrank, ich vertrage den Ballondienst im Allgemeinen sehr gut, andere werden schon bei den geringsten Schwankungen krank.
Es ist erstaunlich was man von einem Ballon alles sehen kann, ich sehe im Süden die Ballons der Somme aus dem Dunst herauskommen, dann Arras, rechts von mir Lens, vor mir die Lorettohöhe nach Norden sehe ich über den Loos-Bogen bis nach Bethune. Das Gebiet um Lens ist das frz. Kohlenrevier, alles zerstört und zerschossen, nur die Gruben, die weit genug nach hinter Front liegen sind noch zum Teil im Betrieb.
Die Tante Minchen und Else haben mir ja einen grossen Brief geschrieben, ich hoffe, dass ich hier noch Zeit habe sie Briefe zu beantworten.
Ist Kaloderma Rasierseife zu Hause noch zu haben, wenn es möglich ist kauft dann noch eine ganze Anzahl Stücke davon, ebenso was ihr von anderer Seife bekommen könnt, sie wird sehr selten werden. Ich brauche nämlich auch bald wieder Rasier- u. Toilettenseife, vielleicht könnte Ihr mir bald welche schicken. Ich rechne damit, dass der Krieg noch über ein Jahr dauert, und in einiger Zeit wird es Keine Seife mehr geben. Bekommt Ihr mehr Fleisch jetzt zu Hause oder nicht? Ich glaube es wird noch knapper, denn im Feld sind wir auch 500 gr. für die Woche herabgesetzt worden. Früher war das der Satz für einen Tag. Die Verpflegung ist immer noch sehr gut und reichlich.
Die herzlichsten Grüsse
Waldi

 

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