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Brief (Transkript)

Friedrich Spemann an seine Mutter am 22.07.1918 (3.2002.9143)

 

„Wallenstein Lager“, 22.7.18.



Mein liebes Mutterle!
Jetzt muß man Dir ja wohl nach Stuttgart schreiben. Endlich ists wieder einmal so weit, daß Du in Deine Heimat kannst, es wird ja arg heiß sein, aber Du wirst „das Heimatländle“ doch genießen, u. ich freu mich mit Dir, Mutterle, wenn auch mit ein bißel Heimweh im Herzen. Seit 2 Tagen ist die Batterie in wohlverdienter Ruhe, ich hatte noch vom 18. ab eine Zugstellung zu führen, die ganz idyllisch weit hinten lag, so hatte ich da wenigstens Zeit und Muße einmal wieder mehr als 3 Stunden zusammenhängend zu schlafen, wozu es die vorhergehenden 9 Tage nur einmal gekommen war u. da auch nur im Zelt. Ich bin immer noch ein bißel erkältet, in Anbetracht der kommenden Exerzier- u. Kommandiertage weniger angenehm. Hoffentlich bringe ich es heute nacht mit einem Halswickel voll weg. - Ich hab in den letzten Tagen 300 M. nach hause geschickt, hoffentlich faßt es Paul nicht als Hochzeitsgeschenk auf. - In den nächsten Tagen will ich mir in Vouziers eine Reithose anmessen lassen u. zugleich Maßnehmen für den Rock, den ich mir bei Onkel A. Schneider in Cannstadt bestellt hab. Ein sogenannter „kleiner Rock“, der Bratenrock des Militärs, den ich höchstens im Urlaub (vielleicht an meinem Geburtstag) zu tragen gedenke. Wenn Du mit dem Mann der Bezahlung wegen einmal reden wolltest, wär mir das ganz recht. Eugen Klotz in Cannstadt, Sparrhärmlingstr. Ich hab zunächst nur einmal angefragt. - Im übrigen bekomme ich jetzt dann Kleiderkarten u. Du könntest davon vielleicht einmal meine Wäschebestände ein bißel auffrischen, wenn Ihr wieder heim kommt. Nimm nur das Geld, das ich heimschicke, dazu, dafür ists gefaßt. Ich glaube vor allem meine Hemden habens sehr nötig. Bei dem Leben hier kann man halt nicht ändern, wenn man wochenweis nicht aus den
2.
Kleidern kommt. -
Das Lager hier liegt mitten im Wald ganz Abseits, nach der Zeit in Cornay mit dem vielen Besuch von anderen Batterien für mich ein bißel schmerzlich -
ich hab mir heut früh schon ein paar gute Bücher gekauft als Anregung. -
Dein Zuckerle, Laubbacher Briefe u. Briefpapier hab ich bekommen u. dank Dir vielmals dafür.
- Von Tante Maja u. Klara kamen auch ein paar nette Büchle, u. ich leg einen Zettel für sie bei mit dem Dank. -
An Margret will ich jetzt dann auch schreiben, damit die in Ihrer Sommerfrische ohne Sorgen sind. - Wenn Du mir von Stuttgart aus irgend was Schönes zum Lesen schickst, ist mir das sehr recht, aber was wo man ein bißel länger dran hat, es kann ruhig was ernstes sein. - Jetzt will ich Schluß machen! Einen recht herzl. Kuß
Dein Leutnantle.

 

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