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Brief (Transkript)

Friedrich Spemann an seine Familie am 10.10 1915 (3.2002.9143)

 

Villers. 10.X.15.



Liebes Mutterle!
In einer rauchigen, vollen Feldkantine sitz ich heut da beim Schein meiner Kerze. Wir waren heut fort den ganzen Tag, um unsere endgültigen Ruhestellungsquartiere auszusuchen und einzurichten. Sie sind 18 km hinter der Front in Bantheville. Die Pferde sind in einem riesigen Zelt untergebracht. Wir in einer noch erhaltenen Mühle, wo wir auch viel u. gutes Wasser haben. Wir sehen hier nur noch Greise Frauen u. Kinder, die jetzt schon seit einem Jahr im Elend leben. Denn die Orte waren wohl früher reich. In Bautheville trafen wir in einem winzigen Schuppen eine 50jährige Frau, der früher ein schönes grosses Haus gehört hatte, das mit drei viertel des Dorfes abbrannte. Sie wohnt jetzt seit 14 Monaten mit ihrer Schwester in diesem Hüttchen, das sie mit Holzbündeln umgeben hat. Vielleicht konnen wir ihr einmal helfen. Ich verstehe die Leut ganz leidlich, wenn sie langsam sprechen u. sie mich immer. Man muss manchmal Vokabel im Gedächtnis nachsuchen. Die Kirche von B. ist entzückend ich hab die schon abgezeichnet. In 3-4 Tagen kommen wir in Stellung. Bis jetzt war es herrlich. Wenn es so weiter geht, kann man es sich gefallen lassen. So, leb wohl für heut mein Mutterle!
Einen Kuss Dein Bub.

 

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