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Brief (Transkript)

Ernst Rasch an seine Ehefrau am 16.10.1918 (3.2002.9052)

 

16. X 18.



Mein Lieb!
Weiß der Teufel, was mit der Post los ist, die anderen Herren bekommen Briefe, ich nicht. Nur gut, daß ich genau weiß, daß nur die Post Schuld ist und nicht mein Ehegespenst. Außerdem ist wieder Urlaubssperre, weiter unverschämte Antwort von Wilson, die die zarte Hoffnung, welche in mir aufkeimte, wieder erstickt hat. Es ist hart aber man muß jetzt das Persönliche in die 2te Linie rücken, damit meine ich die erwünschten Bequemlichkeiten des Friedens. Größer wird natürlich meine Sorge, es ist wohl ausgeschlossen, jetzt an Urlaub zu denken.
Und ich hoffe, das meine Frau mit Gottfried Keller spricht:
„Weh ihm, wenn er nicht rechten
Für unsere Freiheit will!
Weh ihm, wenn er nicht fechten
Für unsere Ehre will!
Dann mag mein Liebster minnen
Wohl auf und ab im Land -
Und dies mein bräutlich Linnen
Wird dann ein Grabgewand.”
Die Hunde sollen uns nicht niederzwingen, daß wir und unsere Kinder in Knechtschaft leben und betteln müssen.
So das mußte ich mir von der Leber reden in meiner heutigen Wut. Den Ereignissen entsprechend ist ein Sauwetter, so daß meine Fahrt heute früh kein Genuß war. In den Dörfern ein toller Dreck auf der Straße. Umzug ist erst übermorgen, da der Fernsprechmann mit seinen Leitungen nicht fertig wird. Ich habe mir auch meine neue Behausung angesehen, sie ist keineswegs so nett, wie meine jetzige, immerhin 2 nette Zimmer. Blick aus dem Wohnzimmer in den Hof sprich Misthaufen. Kasino wird in einem Raum hergerichtet, der bis jetzt italienisches Gefangenenlager war. Landschaftlich liegt das Nest ganz hübsch, aber dafür kaufe ich mir im Kriege nichts.
1000 Küßchen Dir mein Herzlieb, von Deinem Pepps, der hofft, daß sich alles zum Guten wendet!

 

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