Brief (Transkript)

Heinrich Begemann an seine Eltern am 11.12.1870 (3.2013.3340.13)

 

Bei Andernach!

Nachdem wir soeben die schönste Stelle in unserer Rhein[=]
fahrt passirt sind, will ich mich daran machen,
so gut es geht beim Rappeln des Wagens und
dem Gerede der Kameraden, Euch von der zurück
gelegten Tour zu berichten.
Zunächst will ich aber noch einige Bemerkungen
vorausschicken. Die Briefe, die ich Euch von jetzt
an zuschicke werde ich mit fortlaufenden [Nummern] verse=
hen, damit Ihr immer sehen könnt ob Ihr alle
bekommen habt u.[nd] keiner ausgeblieben ist.
Ich werde sodann oft vielleicht etwas schreiben, was
Euch weniger interessirt oder Euch auch nicht
ganz verständlich. Da meine Briefe an Euch
zugleich stellenweise mein Tagebuch sein
sollen, so kommt am Ende derartiges vor,
an das ich mich dann später, nachdem der
liebe Gott mich hat zu Euch zurückkehren
lassen, erinn~[er]

Neustadt a.[n] d.[er] Ha[a]rdt.
12.12.70.


Das Schreiben in dem Wagen ging gestern nicht.
Ich schrieb gestern im Dunkeln noch eine Correspon=
denzkarte, von der ich aber nicht weiß, ob Ihr sie
wohl bekommen werdet. Die Nacht ist erst wieder
hin; ich habe so ziemlich geschlafen. Von jetzt an fah=
ren wir nur noch den Tag über, weil es des Nachts
zu unsicher ist. Des Nachts schlafen, von Posten
bewacht, in den Wagens. Die gestrige Fahrt war
eine überaus herrliche. Freilich fehlte das

Laub. Aber an Stelle dess[en] lag überall Schnee,
was die ganze Erscheinung der Felsen zu beiden
Seiten des Rheins grotesker, imposanter machte.
Bevor wir zur Ruhe kommen, werde ich
Euch keinen ordentlichen Brief schreiben
könnten und Ihr müßt Euch bis dahin
mit solchen Flicken beruhigen. Wir fahren
jetzt auf Weißenburg (Wissembourg im Elsass), in anderthalb
Stunden überschreiten wir die Grenze.
Viele herzliche Grüße
von
Eurem Heinrich

 

 



Ansicht des Briefes

 

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